Da ich sehr gerne neue Sachen ausprobiere, besuche ich meist ein bis zwei Kurse im Jahr. Nicht jeder war ein Erfolg. Aber der Siebdruck-Kurs war ein richtiger Glückstreffer.
Wenn ich gerade sonst nicht sonderlich inspiriert bin, durchsuche ich das Internet nach interessanten Kursen. So stieß ich auch auf den Abendkurs für Textilen Siebdruck an der Hochschule Luzern Design&Kunst. (Dort habe ich bereits einmal einen Anatomiezeichenkurs belegt, der mich nicht so rasend begeistert hat. Aber immerhin hatte ich die Chance, einen echten menschlichen Schädel in der Hand zu halten.)
So meldete ich mich sehr kurzfristig an und musste daher auf den Nachfolgekurs ein halbes Jahr später warten. Vor dem Siebdruck-Kurs habe ich mich noch nie sonderlich ernst mit dieser Drucktechnik beschäftigt. Aber aus der Erfahrung mit Tief- und Hochdruck weiß ich: Drucken ist mehr oder minder mit Dreck verbunden.
Technisches zum Siebdrucken
Siebdruck ist ein Durchdruckverfahren, d.h. die Druckfarbe wird durch eine Schablone, die auf der siebartigen Bespannung eines Druckrahmens befestigt ist, mit dem Rakel auf den Bedruckstoff gedrückt. Im professionellen Siebdruck wird mit einer lichtemfpindlichen Schicht gearbeitet. Als Vorlage dient z.b. eine schwarz-weiß Kopie/ Ausdruck (z.b. Vögel). Durch die schwarzen Stellen der Vorlage dringt bei der Belichtung kein UV-Licht, die Schicht härtet dort nicht aus und kann ausgewaschen. Durch diese Bereiche dringt die Farbe.
Dass das Siebdrucken eine ordentliche Gatscherei sein kann, zeigte sich gleich am ersten Abend: Farbe aufs Sieb, mit dem Rakel darüberziehen, Farbe zurück in den Behälter, Sieb mit Wasser und Seife schrubben, abspülen, abtrocken, in den Trockungsofen, Rakel putzen und warten dass die Farbe trocknet … Kurz gesagt, ich fand es einfach nur schrecklich. Ich hatte das Gefühl nur am Siebwaschen zu sein. Den zweiten Kursabend ließ ich daher gleich – noch angeschlagen vom Wochende – ausfallen. Danach war ich allerdings an jedem einzelnen Abend, und zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass ich richtig Spaß hatte am Drucken und dass man nicht nur am Sieb waschen ist.
Das eigene Sieb und Motiv
Am vierten und fünften Abend ging es daran unsere eigenen Siebe herzustellen. Mich für ein Motiv zu entscheiden war sehr schwierig. Schlussendlich wählte ich drei Motive: ein Krakenmotiv, ein sich auflösendes Raster für einen Musterrapport und Vögelchen.
Wir bekamen ein großes Sieb in A3 und ein kleineres mit ca 20 x 20 cm zur Verfügung gestellt. Die Siebe waren von der Kursleiterin fachmännisch vorbereitet, d.h. entfettet und beschichtet, sodass wir nur mehr die Siebe belichten mussten. Leider war, wie ich mit dem Belichten dran war, die Lampe kaputt, sodass die Kursleiterin zwischendurch bis zum nächsten Kursabend für uns die Siebe belichtete.
Am neunten und zehnten Abend konnten wir, wenn wir mochten, unsere Siebe mit neuen Motivern versehen. Da ich mich mit dem kleinen Krakensieb schon aureichend ausgetobt hatte, entschied ich mich dieses mit einem neuen Motiv zu versehen. Dieses mal sollten es Vogelskizzen werden. 10 Vögel, 7 Arten die in Mitteleuropa heimisch sind. Den Ornitologen unter euch sollte es möglich sein diese zu erkennen. Nach Fotovorlage habe ich diese gezeichnet und später am PC zusammengesetzt und skaliert. Im Gesamten habe ich ungefähr 30 Vögel gezeichnet und digital aufbereitet. Davon habe ich meine Favoriten ausgewählt.

Dieses mal waren all jene, die sich entschieden ihr Sieb neu zu machen, von Schritt 1 an dabei. Zuerst mussten die Siebe entschichtet und anschließend entfettet werden. Dann wurden die Siebe getrocknet. Das Beschichten übernahm wieder unsere Kursleiterin. Nach dem Trocknen durften die Siebe endlich belichtet und gleich darauffolgend ausgewaschen werden. Und schon konnten wir unsere ersten Probedrucke machen und ich war sofort schwer verliebt in meine Vögelchen. (Auch wenn aufgrund der Feinheit der Vorlage das Sieb sehr schnell verklebte und spätestens nach dem vierten Druck gewaschen werden musste.)

Die Farben
Zum Drucken haben wir im wesentlichen zwei verschiedene Arten von Farben verwendet: transparente und deckende Farben.
Die transparenten Farben sind intensiver und – wie der Name schon sagt – durchscheinend. Des weiteren haben sie den Vorteil, dass man viel mehr Drucke hintereinander machen kann, als mit deckenden Farben.
Deckende Farben decken gut ab und sind super geeignet um auf dunklem Stoff zu drucken. Mit ihnen lassen sich Pastelltöne sehr gut mischen, dafür werden aber die Farben nie so brilliant. Und sie trocknen sehr schnell ein und es in dieser Hinsicht die Gefahr groß, dass das Sieb verklebt.
Zusätzlich gibt es noch Spezialfarben wie Neon und Metallic-Farben.
Ich habe – bis auf wenige Ausnahmen – mit den transparenten Farben gearbeitet. Einfach weil diese die schönsten Töne ermöglichen und am unkompliziertesten zu verarbeiten sind. Die Farben konnten wir mit einer weißen Grundpaste und Pigmenten selber mischen, was eine echte Herausforderung war. Ich habe einen Abend lang versucht ein schönes Purpur zu mischen und bin kläglich gescheitert. Dafür waren die anderen KursteilnehmerInnen ausreichend mit Farben in Pink, Rosa und Flieder versorgt. Außerdem muss man beim Mischen berücksichtigen, dass die Farben auf dem Stoff gedruckt völlig anders als im Mischbecher wirken.

Die Materialien zum Drucken
Bedruckt werden können Naturfasern. Also Baumwolle, Leinen, Seide, Viscose, etc. Denn einerseits halten die Farben nicht gut auf Kunstfaser und andererseits werden die Stoffe bei einer hohen Temperatur „gebacken“ und damit die Pigmente am Stoff fixiert. Zu weiche Stoff eigenen sich auch nur bedingt (da die bedruckten Bereiche durch die Farbe steifer werden). Dies ließ sich auch bei meinem bedruckten Off-Shoulder Jersey-Oberteil feststellen. Ob der bedruckte Bereich durch mehrmaliges Waschen weicher wird, kann ich noch nicht sagen.
Irisdruck
Und was ist so entstanden?
Vieles. Mehrheitlich habe ich weiße Baumwolle bedruckt. Kein einziges Jersey T-Shirt. Einige Teststoffe vom Anfang des Kurses sind bei meiner Mutter gelandet. Und die Vögelchen sind mehrheitlich gedacht für Polster (eine Aufgabe für meine Patchwork nähende Oma), bzw. sind verschenkt worden, sodass die Polster dann selber genäht werden können.
Bereits vernäht und im Blog ist mein bereits genanntes Off-Shoulder Top. Konkrete Pläne gibt es bereits für die pinken Kraken und für die schwarz/weißen Rasterstoffe, sowie für die blauen Kraken. Bei dem einen oder anderen Stoff wird es sicher noch dauern, bis ich diesen zerschneide, sind sie doch etwas besonderes. Ein weiteres mit Siebdruck veredeltes Modell ist das rote Sommerkleid al la Dior.
Diveres Beispiele von allen Kursteilnehmerinnen.
Einen Herzlichen Dank an Florina Moser, dass ich einen Teil der von ihr im Kurs gemachten Fotos verwenden darf. Und ich freue mich im nächsten Jahr wieder beim Siebdrucken dabei zu sein.
Verlinkt zum Creadienstag.
Fazit
Ich kann diesen Kurs absolut empfehlen. Ich bin schon für einen Nachfolge-Kurs angemeldet. Nach meiner anfänglichen Abneigung, bin ich nun schwer begeistert vom Siebdrucken.
Siebdrucken scheint ja allgemein einer der neuen DIY Trends zu sein. Ich kann Siebdrucken aber nicht zum Ausprobieren im eigenen Wohnzimmer empfehlen. Denn die Chance, dass Farbe mal wo landet, wo sie nicht landen soll (und die färben wirklich sehr gut und intensiv innerhalb kürzester Zeit) ist hoch und so müssen die Siebe auch regelmässig beim Drucken gewaschen und getrocknet werden. Ob das im eigenen Badezimmer empfehlenswert ist? Fraglich. Von den ganzen Chemikalen zum Sieb herrichten und der geeigneten Dunkelkammer nicht zu reden.
Praktischweise ist ja die Hochschule Luzern Design&Kunst perfekt eingerichtet und mit einer Dauer von 5 Monaten konnte ich intensiv in die Materie eintauchen und nicht nur schnell mal in ein, zwei Stunden ausprobieren.
Wie schon erwähnt, ist dies nicht mein erster nährelevante Kurs. Wer an der Schnittkonstruktion interessiert ist, kann meinen Erfahrungsbericht von einem Schnittmusterzeichnen-Kurs lesen.

Für später merken ↓
Siebdruck habe ich in meinem Studium (Textilgestaltung) auch gelernt. Ein sehr aufwendiges Verfahren. Aber das Ergebnis ist wunderschön.
LG Reni
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Ja wenn man mal raushat wies funktioniert und man ein Gefühl für die Möglichkeiten dann wird’s spannend.
Lg Sabine
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