Kleid-Grundschnittvarianten: Ein großartiges Buch von Harumi Maruyama

*** Rezensionexemplar zur Verfügung gestellt vom Stiebner Verlag ***
Kleider Grundschnittvariationen Stiebner Titel

Großartig ist definitiv nicht übertrieben! Das Buch „Kleid-Grundschnittvarianten“ ist höchstes Fachwissen komprimiert auf 193 Seiten und – das ist das Erfreuliche daran – übersichtlich und äußerst konsequent. Seit ich vor ein paar Jahren den Stiebner-Verlag bei meiner Suche nach qualitativ hochwertigen Büchern rund ums Thema Mode, Design, Kollektionen usw. entdeckt habe, bin ich immer erfreut, wenn ich meine Bibliothek und mein Wissen mit einem Buch erweitern kann. Wie gesagt, hier geht es nicht um bunte Inspirationsbücher, sowas habe ich natürlich auch, sondern Fachwissen. Einfach Antworten zu finden auf Fragen beim Designprozess, der Schnittkonstruktion oder Schnittanpassungen und Korrekturen: „Wie geht dieser Arbeitsschritt?“ oder „Wie wirkt sich diese oder jene Veränderung aus?“. Womit wir gleich mittendrin sind.

Auf der ersten Seite des Buches schreibt  Harumi Maruyama:

Diese Buch befasst sich mit Kleidern. Darin werden die drei Teile beschrieben, aus denen sich Kleider zusammensetzen. Es enthält Erläuterungen zum Design und zu Schnittmuster von Kleidoberteilen, Ärmel und Kragen. Aus einer Variationsfülle von 72 Kleidoberteilen, 29 Ärmeln und 29 Kragen kann man ein Design nach eigenem Geschmack entwickeln.

Wie das geht und worauf man zu achten hat, erfährt man auf den nächsten 193 Seiten. Das Buch ist fast wie ein Lehrbuch aufgebaut, es beginnt mit grundlegendem Wissen und einfachsten Modellen, die immer komplexer ausgebaut werden. Zuerst gibt es eine detaillierte Inhaltsangabe. Drei Minikapitel, aber nicht unwichtig, namens „Vorab 1,2,3“ geben das nötige Rüstzeug für die Schnitterstellung: richtige Bezeichnungen, Symbole, Maße, Werkzeug, Informationen zum (dem Buch beigelegten) Grundschnitt. Dann folgen die Lektionen, die sich wieder in einzelne Stunden gliedern. Die Stunde 1 beschäftigt sich mit dem „Kastenkleid“ in vier Varianten. Ich habe gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt, aber weiter hinten habe ich das Kastenkleid in verschiedenen Längen gesehen und ich muss mir unbedingt eines in Maxilänge nähen, so schick …

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Dann folgen A-Linienkleider, einige Seiten weiter lernen wir vom „Designwechsel an der Taille“. Äußerst detailliert und genau erläutert das Team der Herausgeberin z.B. wie sich ein Designwechsel an der Taille auswirkt. Designwechsel – klingt cool – nun dieses Fachwort habe ich gerade bei der Lektüre gelernt. Gemeint ist damit schlicht und einfach ein an der Taille angesetzter Rock, eng, weit, usw. Gezeigt wird 1. ein enger Rock, 2. der Bahnenrock, 3. der eingereihte Rock, 4. der ausgestellte Rock, 5. der Trapezrock, 6. der Faltenrock. Das ganze dann genau an der Taille, an der hohen Taille, an tiefer Taille, damit möchte ich zeigen was alles darin steckt. Jede Möglichkeit wird mit klaren, sachlichen Fotos von einem Nesselmodell veranschaulicht, meist mit Seitenansicht und Vorderansicht, manchmal  auch mit einer Rückansicht. Zudem werden die nötigen Schnittanpassungen gezeigt. Das Tolle ist, dass man die Veränderungen am Kleid genau anschauen kann und erkennt, wie sich was auf die Gesamterscheinung auswirkt. Gewinnt das Modell, wirkt es klobiger, verspielter? Den Abschluss bildet das Kapitel „Stunde 15“ mit spezielleren Schnitten, den Designkleidern.

Danach dreht sich alles um…

die röhrenförmigen Teile, die die Ärmel einhüllen..

Ich mag diese Definition. Es folgt die Ärmellektion, mit 8 Abschnitten beginnend bei eingesetzten Ärmeln (gerade, schmal oder ausgestellt, allein hier 9 Varianten und deren korrekte Konstruktion!), Puffärmeln, Hemdsärmeln … Sehr schön ist auch das Kapitel mit ärmellose Abschlüssen: flache, also eng den Arm umschließendes Armloch, tiefe oder amerikanische Form.

Dann geht’s um den Kragen: 9 Kapitel lang mit vielen Möglichkeiten. Das Erste beschäftigt sich mit Stehkragen in drei Varianten. Wie bei Kleid und Ärmel gibt es auch bei dem Kragen immer Schnittkonstruktionszeichnungen und Fotos der ausgeführten Modelle. Die kleinen Unterschiede, je nachdem wie stark die Neigung des Kragens ist, sind klar zu sehen. Zuletzt zeigt uns das Autorenteam 9 kragenlose Ausschnittvarianten und deren Konstruktion.

Die Lektionen haben eine Erkennungsfarbe (Kleidschnittmuster blau, die Ärmel grün, die Kragen braun), dadurch kann man auch am vorderen Buchschnitt schnell ein bestimmtes Kapitel auffinden.

Nach den Grundlektionen kommen Speziallektionen, das klingt strenger als es ist, darunter fallen z.B. Kleidlängen (hier habe ich mein Kastenkleid entdeckt) und unterschiedliche Taillenhöhe, Abnäherpositionen und wie man das zur Gestaltung ausnützen kann. Auch Weitenanpassungen und Halsauschnittvarianten (V-Auschnitt mit Kragen) gehören dazu. Zudem geht dieses Kapitel auf die unterschiedliche Wirkung von Stoffqualitäten oder dem Fadenlauf, Verschlussarten usw. ein.

Im nächsten Abschnitt „Durchführung“ geht es um die praktische Umsetzung: Wie erfolgt die richtige Reihenfolge zur Designentscheidung, Abstimmung und Kontrolle (was funktioniert miteinander oder ist technisch unmöglich). Danach gibt es eine Anleitung zum Arrangieren (für mich war diese Bezeichnung neu: darunter versteht man Fältchen, Biesen, Taschen usw.) und verschiedene ausgeführte Designvariationen (Originaldesigns von Harumi Maruyama).

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Der letzte Teil zeigt die Nähabfolge und vermittelt nähtechnische Kenntnisse zur Besatzversäuberung, das Anfertigen von Kragen oder das korrekte Einsetzen des Ärmels und das Einnähen des Reißverschlusses.

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Die Herausgeberin Harumi Maruyama ist Absolventin des Bunka Fashion College in Japan, wo sie heute als Dozentin tätig ist, außerdem gibt sie Fernunterricht und arbeitet für eine Fachzeitschrift.

Allen, die Design als Hobby oder von Berufs wegen betreiben, empfiehlt sie Kleidungsstücke, die sich einfach und mit viel Freude anfertigen lassen.


Fazit: Ein Buch prall gefüllt mit Ideen und wichtigen Informationen, herrlich! Ich habe eine große Rolle Schnittpapier zuhause, ich freue mich schon.

Ein gutes Buch auch für Modeinteressierte oder Personen, die einen Beruf oder eine Ausbildung als Schneiderin, Kleidermacherin, Designerin … anstreben. Das Buch beginnt sehr einfach und baut Schritt für Schritt auf, es ist ein Lehrbuch zum Selbststudium genauso wie ein Nachschlagewerk. Das alles ist sehr, sehr anschaulich gemacht und weist einen guten Weg zum eigenen Schnittabändern, Gestalten, Entwerfen und praktischem Umsetzen. Empfehlenswert!

Buch: Kleid-Grundschnittvariationen von Harumi Maruyama, Stiebner 2019, 192 Seiten mit einem Schnittbogen, zahlreiche Foto und Zeichnungen, Format ca. A4, ISBN978 3 8307 2067 6


7 Gedanken zu “Kleid-Grundschnittvarianten: Ein großartiges Buch von Harumi Maruyama

  1. Vielen Dank für den spannenden Einblick! Ich mag gern solche Bücher anschauen es gibt immer den einen oder anderen aha-Effekt. Beim NÄhen greife ich jedoch lieber auf fertige Schnittmuster zurück, da komme ich schneller zum Ziel ;-) LG Kuestensocke

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  2. Ich habe dieses Buch auch. Es ist großartig!
    Weitere Teile der Reihe sind
    Röcke
    Oberteile.
    Ebenfalls toll!
    Jetzt fehlen noch die Hosen.🤗

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  3. Ah, wenn Du schreibst „großartig“, dann muss ich mir das Buch glaub ich zulegen. Klingt äußerst spannend für mich! lg, Gabi

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