Sticken statt Stricken

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Meinten sie Stricken statt Sticken wird man schnell gefragt, wenn man bei Google etwas zum Thema Sticken sucht. Und eigentlich wollte ich mich auch dieses Jahr am Stricken versuchen. Das hat nicht ganz so geklappt. Irgendwie bin ich mit dem Stricken nicht vorangekommen. Jedenfalls mein Schal hat sich nach einer kurzen Motivationsphase nicht mehr sonderlich weiterentwickelt, und ruht jetzt tief vergraben in einem Schuhkarton im „vielleicht oder auch nicht mal was draus machen“ Stapel.

Zum Glück stellte ich, bevor ich mich an ein größeres Projekt wagte, fest: Stricken ist nicht meins. Ich bewundere alle, die richtig gut stricken können und wunderschöne Pullis selber stricken und bedaure es, dass ich das nicht selber kann. Aber ich muss gestehen Stricken macht mich kribbelig.

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Deswegen habe ich dem Stricken den Rücken gekehrt und mich wieder dem Sticken zu gewandt. An und für sich habe ich schon vor drei Jahren damit angefangen (bevor es jetzt der Trend geworden ist) und mir auch immer wieder überlegt etwas, genaugenommen ein tragbares Kleidungsstück, zu besticken. Aber bisher kam es nie soweit. Die Zeit vergeht, man probiert das eine oder andere aus (z.B. Siebdrucken) und schon ist wieder ein Jahr vorbei in dem alles reine Theorie bleibt. Der gelbe Leinenrock, den ich mit Luneville Stickerei und dem Plattstich verziert habe, war mein Ansporn dann doch wieder etwas mit der Stickerei zu machen.

Im Sommer habe ich mich mit Büchern zum Thema eingedeckt und eines der Bücher ist ein altes Stickbuch aus den 50ern und ein echter Glückstreffer. Es heißt „Komm wir Sticken“ von Heidi Battaglia – nur mehr im Antiquariat erhältlich. Die Texte sind einfach charmant und motivierend. (Ich hatte schon ein modernes Technikbuch in der Hand und war einfach erschlagen an der Fülle an Stichen und Techniken.)

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So habe ich dann zu meiner eigenen Überraschung ein Mustertuch gestickt und auch wirklich vorbildlich mit dem ersten Stich begonnen und alle – bis auf vier Sticharten – gestickt. Manche Stiche sind überraschend angenehm zu sticken, obwohl die Optik mich nicht so angesprochen hat. Andere Stiche waren einfach nur viel zu zählen und ein Ergebnis, das nicht so wirklich für den Aufwand entschädigt hat. Außerdem kommt es vor, dass bei manchen Stichen die Rückseite viel hübscher ist.

Ich habe jetzt zwar ein (eher nutzloses) Mustertuch, aber es war gut all die Stiche einfach mal zu machen, zu sehen wie sie wirken und wie sie zu sticken sind. Auch konnte ich ein besseres Verständnis dafür entwickeln, warum es manchmal Sinn macht links zu beginnen und manchmal nötig ist rechts zu beginnen. Eine weitere Erkenntnis: es ist garnsparend, wenn auf der Rückseite die Stiche korrekt ausgeführt werden.

Da ich nun sticke statt stricke habe ich einen Großteil meiner Strickhefte abgeben. Dafür durchforstete ich sofort meine Nähhefte nach Modellen mit Stickerei und ich habe einige wirklich Bezaubernde gefunden. Ich sage jetzt einfach großspurig, die Modelle sind alle machbar. Natürlich wird das eine oder andere Blüschen aufwendig und länger dauern, aber es lohnt sich bestimmt und gibt dem Modell eine ganz spezielle Note.

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Hohlsäume aller Art

Bei den Musterstichen habe ich auch meine, manchmal überraschenden, Favoriten gefunden und die eine oder andere Idee entwickelt. Was mich derzeit sehr reizen würde, wäre ein Modell mit Schattenstickerei (man findet leider kaum schöne Projekte online zu dieser Technik). Aber ich finde die Wirkung einfach zauberhaft, wenn die Stickerei nur ein bisschen durchschimmert und je nach Transparenz des Stoffes, mehr oder weniger auffällig ist. Was mir auch noch sehr gefällt ist Weißstickerei. (Man merkt bei mir eine gewisse Tendenz zum puristischen Understatement, aber ich finde auch poppige, durchaus kitschige Stickereien toll, es muss einfach zum Projekt passen.) Was ich jedenfalls plane sind Stickereien auf Kleidungsstücken. Von Stickbildern, die man dann an die Wand hängt, halte ich nicht so viel und für schöne Tischwäsche habe ich keinen Bedarf).

Im Moment ruht das Sticken gerade ein bisschen, weil ich dem Dirndlnähen verfallen bin. Dabei ergab sich jedoch schon wieder eine Möglichkeit für schöne Stickerei: Weil es sonst gar etwas langweilig war, habe ich einen Teil meines Dirndlkleides mit Stickerei aufgemotzt. Dezent und modern, einfach nur ein gewisses Extra.

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Zwiefelstricksticken, ich liebe es

Und zum Abschluss noch drei Buchempfehlungen:

Das bereits erwähnte Buch:

  • „Komm wir Sticken“ von Heidi Haupt Battaglia (erschienen 1953, Paul Haupt Verlag, Bern, Bestseller seiner Zeit)
    Charmant und inspirierend mit einem ausführlichen Technikteil und den möglichen Abwandlungen der Stiche. Im hinteren Teil zeigt die Autorin mögliche Projekte mit all den vorgestellten Stichen. Die Projekte sind natürlich teilweise etwas altmodisch, eben dem Zeitgeschmack des Erscheinungsjahres entsprechend. Aber ein paar richtig hübsche Modelle, die ich gerne mal umsetzten möchte, sind auch dabei. Allerdings werden die einzelne Projekte nicht von vorne bis hinten erläutert und erklärt, sie dienen eher als Inspiration. Etwas selber denken und eigene Umsetzungen werden erwartet.
    Sollte euch aber das Buch einmal unterkommen, solltet ihr es unbedingt kaufen. Mich hat es jedenfalls voll überzeugt und bisher habe ich noch kein neues Stickbuch gesehen, das sich mehrheitlich nur um Technik dreht und das mir besser gefiel.
  • Embroidery, A Makers Guide von V&A
    Bisher waren alle vom Victoria und Albert Museum herausgegebenen Bücher toll und so ist es auch bei diesem Buch nicht anders. Im Buch werden 15 sehr verschiedene kleine Projekte mit ganz unterschiedlichen Techniken vorgestellt, von klassischem Kreuzstich über chinesische Stickerei bis hin zur Käferflügel Stickerei. Zu den einzelnen Techniken gibt es immer eine kleine Einleitung zur Entwicklung und Geschichte der jeweiligen Technik und ein, zwei typische historische Beispiele, und eben das, oben erwähnte, davon inspirierte ein Projekt.
  • Modernes Sticken von Yukimo Higuchi
    Stickerei mal abseits des verstaubten Kitsches, auf eine zeitgemäße Art und Weise interpretiert, die aber trotzdem nicht den Charme der Stickerei verliert. Das Buch findet sich schon bei einigen Nähbloggern im Bücherregal und bei Feierabendfrickelein gibt es eine detaillierte Buchvorstellung dazu.

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Verlinkt zu Hot, DienstagsDinge, Creadienstag und CreateInAustria.


2 Gedanken zu “Sticken statt Stricken

  1. Danke für den schönen Beitrag, der macht richtig Lust aufs Sticken! Bisher habe ich mich auf Nähen, Stricken und Häkeln beschränkt, trage aber sehr gerne Besticktes. Drum habe ich mir jetzt gleich einmal das Buch von Heidi Battaglia bestellt (nur 5 Euro mit Versand über ZVAB!), mal sehen, ob ich das auch so schön hinbekomme… 🙂

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    1. Das freut mich, dass ich dich gleich so inspirieren konnte.
      Und selbst wenn du mit dem Buch nicht so viel Freude hast wie ich, sind die fünf Euro auch nicht schlimm.
      Und so blöd ich Sprichwörter finde, Übung macht den Meister. 😉
      Lg Sabine

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