Biscornu-Nadelkissen aus dem Buch Sashiko in Farbe

***Rezensionsexemplar unentgeltlich zur Verfügung gestellt vom Verlag Haupt***

Biscornu Nadelkissen Sashiko in Farbe Boutique Sha Editorial Haupt

Wenn ich von japanischer Stickerei hören, denke ich erst einmal an Sashiko in Weiß auf Blau. Das ist immer wieder bezaubernd und herrlich anzusehen. Natürlich ist die japanische Stickerei reichhaltiger. Japaner finden es nicht korrekt, dass diese Handarbeit nur auf Sashiko reduziert wird, das sich eigentlich aus einer besonders ästhetischen Kunst der Reparatur entwickelt hat. Sashiko (gesprochen: Saschko) heißt übersetzt soviel wie „kleiner Stich“ oder „kleiner Einstich“ und wurde aus Gründen der Sparsamkeit entwickelt. Sashiko befriedigt praktische und ästhetische Bedürfnisse gleichermaßen. Das ist es wahrscheinlich, was uns Europäer so besonders anspricht: Dieses Vermögen aus einer puren Notwendigkeit heraus Kunstwerke zu schaffen. Typisch japanisch, sagt man da gerne…Jedenfalls gehöre ich ebenfalls zu den Bewunderern der Sashiko Stickerei, habe mich aber bis jetzt noch nie ernsthaft damit auseinandergesetzt oder es versucht. Vielleicht hatte ich auch ein bißchen Angst vor dieser Regelmäßigkeit, die ein wesentlicher Bestandteil der Stickerei ist. Aus kleinen Stichen gebaute Muster werden konsequet über mehr oder weniger große Flächen gestickt.

Sashiko in Farbe Boutique Sha Editorial Haupt Verlag

Das Buch Sashiko in Farbe von Boutique-Sha Editorial, in Deutsch herausgegeben vom Verlag Haupt, zeigt 19 Projekte in verschiedenen Farbvarianten von sechs verschiedenen japanischen DesignerInnen. Darin gibt es Untersetzer, Knöpfe, Nadelkissen, Handtücher oder Taschen zum Nacharbeiten. Das Buch ist ursprünglich in Japan erschienen und punktet vor allem mit seinen hervorragend bebilderten Anleitungen. Auf den ersten 25 Seiten werden die Projekte auf sehr stimmigen Fotos präsentiert. Danach folgt eine mehrseitige Anleitung zur grundsätzlichen Technik. Zwei Seiten widmen sich dem Material: Stoff, Garn, Nadeln, Fingerschutz… KIAuch die verschiedenen Materialien zum Übertragen des Musters werden vorgestellt. Wie man ein Muster am besten überträgt, wird auf den nächsten beiden Seiten besprochen. Weiter geht es mit der korrekten Vorbereitung des Garns. Danach widmen die Autoren fünf Seiten der Sashiko-Sticktechnik. Der wesentlichste Punkt: die richtige Ausführung des Vorstichs. Nicht die Nadel sondern der Stoff wird bewegt. Dann erfährt man Wissenswertes zum Sichern des Fadens am Beginn und am Ende, das Anfügen des neuen Fadens, das Sticken von Kurven und Ecken. Wie man die, für jedes Projekt in Originalgröße angefertigten, Musterdiagramme richtig liest und benutzt wird ebenfalls sorgfältig erklärt.

Jetzt folgen die Anleitungen für die einzelnen Arbeitsstücke. Sie beinhalten Material, Zuschnitt oder Vorbereitung, die originalgroße Stickvorlage und die Fertigstellung. Wer japanische Handarbeitsbücher kennt, weiß, dass man mit ihnen hervorragend arbeiten kann. Je nach Bedarf werden die Anleitungen mit Zeichnungen oder-zum besseren Verständnis- auch mit einigen Fotos ergänzt. Auf der letzten Seite sind Bezugsquellen und weitere Handarbeitsliteratur zu ähnlichen Themen aus dem Verlag Haupt aufgelistet.

Besonders gut gefallen mir die Modelle, bei denen Kombinationen von Sashiko mit Durchzugtechniken in zwei verschiedenen Garnfarben eingesetzt werden. Auch die dunkelblaue in schlichten Linien bestickte Tasche oder die rote Kosmetiktasche sind Favouriten von mir. Bevor man mit der Arbeit beginnt, lohnt es sich auf alle Fälle die Anleitung und Technikeinführung sorgfältig zu lesen. Besonders dann, wenn man, so wie ich, noch nie diese Technik benutzt hat. Hat man sein Muster gut vorgezeichnet, geht das Sticken erstaunlich schnell von der Hand. Gewöhnungsbedürftig war für mich das Sticken ohne Rahmen, da ich in letzter Zeit nur mit Rahmen gearbeitet habe. Aber Sashiko ist eine Technik, die einen beweglichen Stoff verlangt.

Ich habe ein Biscornu-Nadelkissen gestickt und fertiggestellt. Diese Form gefällt mir besonders gut. Das Original ist mit Langettenstich umstickt. Das ist einer meiner Lieblingsstiche, hat mich aber nicht so ganz überzeugt, darum habe ich ihn weggelassen. Natürlich dachte ich danach, vielleicht hätte ich es doch so machen sollen…Wie es halt so geht. Das Zusammennähen war gar nicht so leicht-ich bin ja überhaupt nicht gut mit so kleinen Dingen. Trotzdem ist das Nadelkissen ein richtiges Schmuckstück geworden. Ein weiteres Muster aus dem Buch habe ich gerade begonnen.


Fazit: Sashiko in Farbe von Boutique-Sha Editorial ist ein rundum stimmiges Buch. Schöne, nicht nur traditionelle, Projekte in überaus aparten Farbzusammenstellungen und sehr gute Anleitungen. Das Sashiko-Sticken hat Suchtpotential und ist auch für Ungeübte möglich. Mit welchem Projekt man beginnt ist bei dieser Auswahl gar nicht so leicht zu entscheiden…

Buch: Sashiko in Farbe von Boutique-Sha Editorial, deutsche Ausgabe erschienen 2021 im Verlag Haupt, 111 Seiten, durchgehend Fotos und Illustrationen, Softcover, Format 21cm x 26cm, ISBN 978 3 258 60245 5

Material für das Nadelkissen: Baumwollstoffe in Gelb und Grün, Stickgarn in zwei Farben, zwei Knöpfe, Füllmaterial

Biscornu Nadelkissen Sashiko in Farbe Boutique Sha Editorial Haupt

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4 Gedanken zu “Biscornu-Nadelkissen aus dem Buch Sashiko in Farbe

  1. Ooooh? Zu diesem Thema scheint die ‚Englische Wikipedia‘ die ausfuehrlichere Erklaerung zu haben als die Deutsche.
    Ich musste darum lachen, als ‚Weiss (+) Blau‘ als Original-Version angeblich (und wohl logisch) einfach aus 2 ganz praktischen Gruenden entstand:
    1.) Weisses Garn war am billigsten
    2.) Blau (= Indigo?) gefaerbte Stoffe/Bekleidung war – vormals – die dominant existierende Farbe im Lande.

    Interessant fand ich auch den Hinweis auf die frueher/historische ‚Shashiko-Bekleidung‘ (bzw. Begruendung/Nutzung) fuer Feuerwehr-Maenner: haette hierzu auch zuuu gerne mal evtl. Gewichts-Unterschiede dieser ‚Schutzbekleidung‘ von ‚Damals‘ zu ‚Heute‘ herausgefunden ^^.

    Was das eigentliche ‚Shashiko-Nadeln‘ mit „… der Stoff wird bewegt, nicht die Nadel …“ betrifft, so habe ich den leisen Verdacht, dass dies evtl. eine Art schneller und sicherer Haerte-Test des zu ‚rettenden‘ Stoff-Stueckes war: ist dieser dabei ‚gebrochen‘ wurde evtl. gleich ein, aehem, ’neuer Fleck‘ miteingearbeitet?
    Ansonsten ist’s wohl in u/modernem Wohlstands-Zeitalter – derzeit zumindest – dasselbe wie die verschiedensten Arten* der Strick-Kunst: egal wie man die Nadeln genau ’schwingt‘, das Ergebnis zaehlt ?

    Ansonsten:
    Auch wenn Du selbst nicht so ueberzeugt scheinst von Deiner ‚Fusel-Arbeit‘, mir gefaellt das Nadelkissen enorm gut!
    Farbzusammenstellung wie auch Form: zum Knutschen (so lange Du keine Nadeln darin ‚geparkt‘ hast) !

    Liebe Gruesse und Gratulation!

    * Manchmal stehe ich nur verdattert guckend vor jedweden ‚anders-als-ich-Strickenden‘ und bewundere, dass man auch auf DEREN Weise zu einem Strick-Stueck gelangen kann!

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    1. Ich wollte jetzt nicht unbedingt einen Exkurs über die Geschichte des Sashiko schreiben: du hast natürlich recht mit den indigogefärbten Alltagskleidungsstücken, die mit ungebleichtem Baumwollfaden geflickt/überstickt wurden. Mich hat die Art der Nadelführung doch überzeugt: nehme ich auf eine Nadel mehrere Stiche also Stoff auf erreiche ich schneller gerade Linien, als wenn ich, wie in vielen anderen Sticktechniken streng gefordert wird, die Nadel von oben einsteche, den Faden durchziehe und die Nadel dann erst wieder heraufführe…Aber so wie du über das Stricken sagst, individuelle Haltungsmöglichkeiten gibt es selbstverständlich und das hat nicht viel über die Qualität der Arbeit zu sagen.
      Liebe Grüße, Silvia

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