#hackmydirndl – Eine 70er Latzhose

*** Ausgangsmaterial von coBRANDa kostenlos zur Verfügung gestellt ***

Wie der geneigte Leser vielleicht schon mitbekommen hat, ist Mama PeterSilie die Königin des Upcycling, während Anna und ich am liebsten frischen Stoff zuschneiden. Da war es eine echte Herausforderung aus den fehlerhaften Dirndl von coBRANDa etwas neues zu erschaffen. Von all den Dirndln, die ich erhalten hatte, passte eines perfekt (also nur ausbessern und eine passende Schürze dazu), eines wird mit ein bisschen anpassen und aufmotzen aufbereitet und bei einem anderen bin ich höchst unschlüssig wie viel oder wenig ich machen möchte.

Und dann blieb noch das Graublaue mit schöner Bordüre und Blümchen. Nicht unbedingt meine Farben trotz des Print – vorteilhaft, wenn man ein Stück zerschneidet. Das hemmt weniger. Hier war gleich klar, das wird etwas komplett Neues. Nur was?

Anfänglich tendierte ich noch zu einem Wickelrock mit Messerfalten und einem dazupassenden pinken Jäckchen, inspiriert von der koreanischen Mode moderner Hanboks. Sozusagen von traditioneller bayrisch-österreicher Kultur zu moderner koreanischer Interpretation von Tracht. Vielleicht ein interessantes Konzept. Aber ein Wickelrock aus einem Dirndl? Das geht kreativer.

Großartig gezeigt hat das Sarah von upcycling_from_old_to_gold. Ich würde sagen, von all jenen, die beteiligt sind an der Aktion, ist sie schon eine Meisterin des Upcycling. Sie war auch als allererstes mit einem Dirndl fertig und hatte daraus eine fabelhafte Jumpsuit für den Sommer gemacht. Auf die Idee muss man erst einmal kommen. Mein Ehrgeiz war jedenfalls geweckt. Ich wollte auch etwas spannenderes aus meinem blauen Dirndl machen.

Ich trage keine Jumpsuits – und außerdem wäre das ein bisschen zu knapp an der Inspiration. Aber ein naher Verwandter des Jumpsuit sprach mich mehr: die Latzhose. Ich schwankte zwar noch ein bisschen, ob es wirklich eine Latzhose werden soll und ob das jetzt die Idee sein wird. Aber ehrlich: Ich hatte keinen besseren Einfall. Mit ein bisschen darüber grübeln, fand ich die Möglichkeit einer Latzhose, mit der tollen Blütenbordüre am Saum und erneut beim Latz aufgegriffen super.

Also hieß es Schnittmuster aussuchen bzw auftreiben. Auch wenn die Latzhose ein wiederkehrender Evergreen ist, Schnittmuster sind doch eher rar. Ein Blick auf die Burda Website zeigte fast keine Latzhosen und erst recht keine nach meinem Geschmack. Aber in welcher Ära waren Latzhosen sehr angesagt? In den 70ern.

Also alle Burdas aus den 70ern hervorgeholt und losgeblättert und geblättert und geblättert … Geblättert habe ich tatsächlich sehr lange, das war kein Spaß mehr. Denn auch wenn Latzhosen in den 70ern modern waren, die Käuferin der Burda war jetzt vermutlich nicht so der typische Latzhosenträger. Ich fand also ewig keinen Schnitt.

Irgendwann wurde ich doch fündig im „Teens und Tweens“-Segment und fand eine pinke Latzhose in Gr 34. Um den Schnitt an meine Größe anzupassen, habe ich die Masstabelle verglichen und einfach ungeniert hinzugefügt, was der 34 auf meine Größe fehlte.

Da ich ja die Bordüre des Rockes auch bei der Latzhose verwenden wollte (inklusive Originalsaum, weil der bereits existierte) musste ich vorab schon die Hosenlänge festlegen, ich entscheid mich für 10 cm Innenbeinlänge eine schöne kurze Länge, aber nicht zu kurz. Laut meiner Schwester sehr kurz, obwohl alles schön verpackt ist.

Aufgetrennt und schön gebügelt hatte ich schon. (Das Dirndl war kein gekauftes Dirndl sondern selbstgenäht und wer auch immer es genäht hatte, war teilweise echt sehr ungeduldig und brachial unterwegs. Der Leib ist übrigens noch komplett, da es doch keinen Bedarf gab jedes Fitzelchen Stoff nützen zu müssen). So konnte ich gleich zuschneiden, ich bemühte mich auf das Muster zu achten, aber gleichzeitig stoffsparend zuzuschneiden. In einem Dirndlrock steckt zwar einiges an Material, aber trotzdem sollte der Stoff nicht knapp werden. Nur um sicher zu gehen, habe ich an den Seitennähten ordentlich Nahtzugabe zugegeben. Und auch zusätzlich Hosentaschen geplant. Ich verwende zwar alle Taschen bis auf Jackentaschen eigentlich nie, eine Hose/Latzhose sollte jedoch Hosentaschen haben.

Nach dem Zuschneiden nähte ich erst die Hosentaschen. Danach ging es an das Hose zusammennähen und zur ersten Anprobe wegen der Passform. Ich war absolut begeistert: Die Hose passte perfekt! Keine Falten im Schritt, kein Kneifen am Po. Einfach perfekt. Wenn ich da an das Anpassdrama von der Narcisse Pants denke … (Die Winslow zählt für mich durch die weiten Hosenbeine und dementsprechend nicht so essentielle Passform nicht.)

Aber dieser Burdaschnitt aus den 70ern. Perfektion. Ich weiß, ich wiederhole mich. Aber es gibt kein besseres Gefühl als eine Hose zu nähen die einfach passt, auch von der Weite. Also all meine nächsten Hosen werden auf diesem Schnittmuster basieren. Ich habe mir zwar die „Vanlose Hose“ von How to do Fashion abkopiert, aber ob ich die jetzt überhaupt probieren soll?!

Der Hipsterbag entstand etwas später und war nicht geplant. Aber ich hatte dank sorgfältigen Zuschnitt noch Stoff über und Mama PeterSilie fand eine Tasche dazu, hätte doch was. Allerdings nähe ich eindeutig keine Taschen. Aber so ein Hipsterbag ist ja ohnehin mehr ein Fall von gerade Nähte plus eine Kordel. Ich musste feststellen, dass ich keine zwei kompletten Seiten mehr herausbekomme. Aber durch die Teilung beim Reißverschluss für die Außentasche konnte ich doch noch alles zuschneiden. Der Reißverschluss stammt übrigens von einem anderen Vintage Dirndl – also Recycling und Upcycling pur. Und ein schnelles Projekt!


Fazit: Upcycling ist eindeutig leichter, wenn man nicht zu sehr am Ausgangsmaterial hängt. Aber es war eine sehr spannende Herausforderung und gerade Dirndl bietet hochwertiges Material an. Der Schnitt: Ich liebe ihn und ich arbeite gerade an zwei weiteren kurzen Latzhosen und ich hätte so gerne eine lange mit Blütenprint mit den original weiten 70er Beinen.

Schnitt: Burda 9/1973, moderne Alternative: Jenny Overall&Trousers von Closet Case und sonst findet man bei Simplicity, Kwik Sew oder New Look auch Latzhosen Schnitte

Stoff/Material: Vintage Dirndl mit Fehler aus einem festen Baumwollstoff unentgeltlich zur Verfügung gestellt von coBRANDa

Ein herzlicher Dank geht an Dani von Fotospuren und Dani mit Hund Skye von Danisfotoblog vom Fototeam Luzern für das fabelhafte Fotoshooting und die tollen Fotos.

Weitere Beispiele wird es noch hier zu sehen geben:

Also Augen aufhalten und gespannt sein was entsteht!


16 Gedanken zu “#hackmydirndl – Eine 70er Latzhose

  1. Ich finde die Latzhose einfach klasse! Die Passform ist außerdem toll! Der Zuschnitt so gelungen! Die Blümchen am Hosenbeinsaum, die Blümchen hinten auf den Trägern, die Blümchen unten auf der vorderen Latztasche, die Blümchen am Boden der Hipsterbag…Und ich finde es ist eine sehr kreative Idee, aus einem Dirndl eine Latzhose zu nähen!
    Du hast ja schon geplant, den Schnitt besonders zu hüten. Auch das halte ich für einen sehr guten Plan. Wenn du immer eine ähnliche Stoffqualität vernähst, hast du viel Freude an dem Schnitt. Wenn du abweichst, sammelst du Erfahrungen;), aber auch die sind hilfreich! Ich habe einen Hosenschnitt von 1989 aus einer alten Schwesterzeitung der burda über all die Jahrzente immer behalten, da fällt das Papier bald auseinander, aber wann immer ich etwas Neues ausprobiert hatte, kam ich doch auch wieder auf den alten Schnitt zurück. Ich habe viel experimentiert und sehr viel dabei gelernt. Ganz viel Freuder mit deiner neuen Latzhose! HG ellisschneiderfee

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    1. Erst mal Dankeschön.
      Und ich habe mein bestes gegeben die Bordüre so gut wie möglich wieder zu verwenden. Wann bekommt man den schon einen schönen Stoff mit Bordüre.
      Und ohne Upcycling vom old to gold wäre ich echt nicht auf die Idee gekommen.

      Ich habe den Schnitt jetzt schon zweimal in Leinen genäht, mit leichten Variationen am Latz und will unbedingt noch eine lange Version machen (grosser Blütenprint wäre mein Traum).
      Und nachher werde ich eine kurze Hose nach dem Schnitt aus Jeans zuschneiden, da bin ich gespannt wie die Passform sich verhält.

      Das ein Schnitt durchs viele verwenden schon fast zerfällt, ist mir bei zwei Schnitten schon passiert, weniger vom Falten als durchs Rädeln. Aber zum Glück kann man einen Schnitt ja einfach kopieren.
      Und falls ich doch mal einen neuen Hosenschnitt testen möchte, werde ich sicher vorab mit diesen Schnitt abgleichen oder den Schnitt abwandeln.
      LG Sabine

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  2. Die Latzhose gefällt mir sehr gut und sie passt wirklich perfekt. Bei der Länge bzw Kürze der Hosenbeine bin ich zwar bei deiner Schwester – außerhalb meiner Komfortzone – aber ansonsten würde ich sie gleich so nehmen. Lustigerweise habe ich letzte Woche eine fast 30 Jahre alte Latzhose rausgekramt, die Knöpfe verloren hat und nicht mehr wirklich passt. Ich will sie aber zu Shorts upcyceln, weil mir der Stoff immer noch bzw wieder gefällt. LG Gisela

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    1. Ja das mit der passenden Länge ist sehr individuell. Ich hatte noch nie Probleme mit kurzen Hosen und offenherzigen Ausschnitten, vielleicht verändert sich das auch wieder. Ich kann zwar noch keine Prognose abgeben, aber ich hoffe die Latzhose ist dann auch lange an meiner Seite, vielleicht auch 30 Jahre.
      lg sabine

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  3. Herrliche Hose aus einem Dirndl – da wäre ich wohl nie drauf gekommen. Diese Nähcommunity ist eine unglaubliche Inspirationsquelle. Also nicht, dass ich jetzt sofort aus einem Kleid eine kurze Latzhose nähe, aber ich bewundere diese Kreativität. Und so ein bissel was bleibt ja doch abgespeichert im Hirn, wer weiß wozu das mal gut ist. Hab ganz viel Spaß beim Tragen – es ist das Sommerteil schlechthin.
    Liebe Grüße von Ina

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    1. Ne, es muss nicht aus jedem Kleid eine Latzhose werden und Upcycling von Old to Gold wäre ich auch nie auf die Idee gekommen. Aber wenn es als Inspiration dient beim nächsten mal vielleicht mal was anderes oder neues auszuprobieren, dann freue ich mich. Ich habe noch ein paar Modelle die auf Umarbeitung warten. Mal schauen wie viel oder wenig ich da ändern werde.
      lg sabine

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  4. Die Latzhose ist so cool geworden! Wahrscheinlich fängt das echt im Kopf an: reinschneiden und ein völlig neues Projekt damit angehen.
    Liebe Grüße
    Ines

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  5. Deine Latzhose – echt witzig, und den Bordürenstoff hast Du ja perfekt eingesetzt! Leider sehe ich seit einiger Zeit in Latzhosen aus wie eine Knackwurst, früher hab ich die ganz gern getragen. Mit dem Beutel dazu hast Du einen fröhlichen Hingucker geschaffen. Wirklich ein würdiges Upcycling! lgg

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    1. Dankeschön.
      Ich weiss gar nicht wann ich vor dieser Latzhose das letzte mal eine Latzhose getragen habe. Ich glaube als Kleinkind. Aber ich habe immer das Outfit der Hauptdastellerin vom Film „Der Bär ist los“ angehimmelt. Vor ein paar Jahren eine Latzhose anprobriert, tja sah schlimm aus.
      Achja der Webermark findet statt, falls das für euch Grazerinnen noch aktuell ist.
      lg sabine

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