Stoffporträt Leinen – Eine aprikosenfarbige Leinenjacke

*** Kooperation mit Karlotta Pink ***

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Leinen ist mein allerliebster Stoff für den Sommer. Kühl und sehr strapazierfähig. Die Perfektionisten unter euch werden sagen: Starke Knitterneigung. Ganz richtig, aber genau das verleiht Leinenkleidung ihren unverwechselbaren Charme: Sie wirkt immer ein bisschen lässig und entspannt. Die lange, steife Flachsfaser besitzt, wie alle anderen Bastfasern (z.B. Hanf) eine unregelmäßige Struktur. Diese Verdickungen geben dem Stoff sein markantes Aussehen. Leinen hat auch einen sehr schönen, leichten, edel wirkenden Glanz und vor dem Tragen eine gewisse Steifheit. Gerade diese Steifheit gibt Leinenmodellen etwas architektonisches, skulpturales und ist für mich ein reizvoller Aspekt bei der Verarbeitung des Stoffes.

Auch aus ökologischer Sicht betrachtet hat Leinen einiges an Pluspunkten zu bieten: Die Flachspflanze ist relativ schädlingsresistent und deshalb werden beim Anbau keine Pestizide und Herbizide benötigt. Es ist keine künstliche Bewässerung erforderlich, auch der Ertrag ist vergleichsweiese hoch. Zudem ist Leinen nahezu unverwüstlich, wird mit der Zeit vom Waschen weicher und der Flachs gedeiht gut in kühleren Gegenden.

Hier bei uns (Mühlviertel, Österreich) gab es früher viele Leinenwebereien und natürlich Flachsanbau. Die meisten Betriebe haben nicht überlebt. Einige wenige gibt es noch, diese stellen überwiegend hochpreisiges Leinen für Heimtextilien her, viele fertigen selbst oder haben eine Mischung aus Weberei und Fertigware, manche handeln nur mehr mit zugekauften Produkten. Auch in meiner Familie gab es einige Generationen zurück Weber. Eher arme Leute vermutlich, die ihr Brot hart und mit viel Fleiß verdienen mußten.

Für uns ist Leinen heute ein schöner Luxus. Meine Eltern pflegen gerne eine sogenannte „Leinentour“ zu machen. Wir besuchen verschiedene Webereien um den familiären Bedarf (oder Wunsch) nach Bettwäsche und dergleichen zu decken. In meinem Stoffschrank gibt es da noch einige Leinenstoffe (auch von meinen Eltern gekaufte), sie stellen den „gewichtigsten“ Teil meines Stoffdepots dar. Leinen ist nämlich ziemlich schwer, Dickes vor allem. Ich habe mir einmal einen fast bodenlangen Tellerrock aus relativ dicken, dicht gewebten schwarzem Leinen genäht. Der Rock war untragbar- er war einfach zu schwer.

Pflegetipps für Leinen

Wie jeder Stoff hat auch Leinen so seine Wünsche bei der Pflege:

  • Vor dem Vorwaschen sollte man es locker in kaltem oder lauwarmen Wasser einweichen, das verhindert ungleichmäßig verfärbte Stellen, – außerdem wird es weicher.
  • Unbedingt vorwaschen – besonders wichtig bei Kleidung, bei Tischwäsche kann man das Einspringen beim Zuschnitt berücksichtigen. Leinen springt bis zu 20% ein.
  • Leinen nimmt viel Feuchtigkeit auf und quillt beim Waschen sehr stark: man sollte es nur bei halbgefüllter Waschmaschine waschen und
  • Feucht bügeln – ehrlich, sonst hat man keine Chance es glatt zu kriegen. Wer nicht bereit ist zu bügeln, für den ist reines Leinen sicher nicht der richtige Stoff.
  • Wenn man die Steifigkeit des Stoffes erhalten möchte, muss man es (immer!) chemisch reinigen lassen. In diesem Fall reicht bügeln vor dem Nähen.
  • Für die kalte Jahreszeit ist Leinen auch nicht die beste Wahl, das Gewebe ist sehr glatt und wärmt nicht.
  • Als Lesetipp zu verschiedenen Materialien und ihre Pflege, zu verwendende Nadeln und Verschlusssysteme, etc. empfehle ich das Buch: „Der richtige Stoff für ihr Nähprojekt„.

Der schöne aprikosenfarbige Leinenstoff von Karlotta Pink fühlt sich an wie Seide. Mit einem elegantem Glanz, sehr fein, fast durchsichtig und wunderschön zu arbeiten. Man kann so herrlich Säume mit den Fingern biegen und Nahtzugaben auseinander und glatt streichen. Bei der momentanen Hitze ist das sehr erfreulich, schränkt es doch das Bügeln deutlich ein. Die Farbe ist fröhlich erfrischend, sie hat beinahe etwas kulinarisches: Aprikosen oder Lachs, so wird sie oft bezeichnet. Ergänzen lässt sie sich sehr harmonisch mit Erdtönen, Beige, Weiß, Grau oder vielleicht kontrastreich mit Jeansblau.

In der La mia Boutique April 2000 hatte ich einige sehr schöne Modelle in Leinen oder leinenartigen Stoffen gesehen, eher schlicht und sehr modern. Das war meine Inspiration. Diese Zeitung war dann gerade mal wieder nicht auffindbar, darum wählte ich als Schnitt für das Modell  aus Burda 10/1999 die Jacke 115, die Kapuze von einem Modell aus Burda 3/1999, die Taschen sind aufgesetzt. Sämtliche Nähte sind als Kappnähte ausgeführt. Verschlossen wird die Jacke mit Perlmuttknöpfen aus meiner „Schatzkiste“.


Fazit: Eine schöne Erweiterung meiner Sommergarderobe.

Schnitt: Burda 10/1999, Modell 115; ergänzt um eine Kapuze aus Burda 3/1999, Knopfleiste statt Reißverschluss

Stoff: 2,2 m in einer Breite von 1,1 m Leinen in Apricot von Karlotta Pink – Für dieses Projekt unentgeltlich zu Verfügung gestellt.

Verlinkt DuFürDich, WomanOnFire, SewLaLa und CreateInAustria.

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14 Gedanken zu “Stoffporträt Leinen – Eine aprikosenfarbige Leinenjacke

  1. Guten Morgen, freue mich immer, wenn ich morgens eine Email für die Ankündigung der neuen Beiträge von Euch erhalte. Viel gelernt so früh am Morgen heute, und ich sehe meine Leinenjacke in neuem Licht! Danke für die Hintergründe und die tollen Fotos. Aber vor allem Danke, daß der Buchvorschlag NICHT bei Amazon landet! Eine gute Zeit weiterhin, ein Gruß aus dem Hunsrück, heute mit sonnigem Morgen, bon Doris

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    1. Danke für deinen Kommentar! Die Links in den Artikeln fügte Anna ein ( Ich kann das nicht! Oder habe das nicht so recht begriffen, nach meiner „Einschulung“ in die Strukturen des Bloggens.) Aber ich stimme dir zu: es gibt nicht nur EINE Möglichkeit an gute Bücher zu kommen. Ein Hoch auf die Vielfalt! Liebe Grüße Silvia

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  2. Ich hab mit Leinen ein bisserl das von dir genannte „Perfektionsproblem“ 😇 und dabei gibt es ja auch hier in Tirol noch Handwebereien. Ich habe allerdings ganz fest vor mir aus genau so einem Leinen eine kurze Jacke zu nähen.
    Übrigens gibt es von der Firma Walde ein Feinwaschmittel aus Bio Olivenölseife mit der das Leinen ganz fein und angenehm bügelbar wird. Seit ich das habe, verwende ich auch meine irische Leinentischwäsche wieder öfter.
    Deine Jacke sieht nicht nur sehr fein aus, sie steht dir auch gut und passt wunderbar zu dir.
    GLG Birgit

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  3. Der Bericht hat mir gefallen, da ich Leinen auch liebe. Aber mit den Hintergründen habe ich mich noch nicht so genau auseinander gesetzt. Ein toller Schnitt und eine schöne Jacke ist es geworden.

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    1. Freut mich, ich möchte schon die ganze Zeit eine Weberei der Umgebung porträtieren, habe es aber irgendwie nicht geschafft. Das könnte ja jetzt ein Anfang sein-Liebe Grüße Silvia

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  4. Eine wunderschöne Jacke, die Dich zu einem sehr informativen Post inspiriert hat. Danke dafür. Das hat meine Skepsis diesem Stoff gegenüber doch ziemlich klein werden lassen. Dazu das herrliche Jäckchen…Ja und diese Farbe! Da fiel mir sofort ein: sehr appetitlich 😉. Dazu wunderschöne Fotos. Es war mir ein Vergnügungen, bei Dir zu schauen. LG Ina

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    1. Leinen hat wirklich Qualitäten und es löst sich nicht unter den Händen auf( wie manchmal gesagt wird). Für den Sommer ist es absolut empfehlenswert.Liebe Grüße Silvia

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