Langlebig & Nachhaltig – Einen Dirndlrock anpassen

Einer meiner Träume ist, dass meine Dirndl auch nach mir weiter getragen werden. In einem anderen Schrank jemand anderes glücklich machen, mich sozusagen überdauern. Ich denke, da stehen bei einem Dirndl auch eindeutig die Chancen höher als bei einem anderen Kleidungsstück.

Denn erstens ist das Dirndl zwar ein Kleidungsstück, das mit der Mode geht, aber durch seine immer gleich bleibende klassische Silhouette losgelöst von den sehr ausgefallenen Modetrends. Natürlich spürt man bei den Dirndln was gerade Trend ist, aber es ist nie so, dass es total untragbar wird und völlig aus der Mode kommt. Natürlich ist ein 60er Dirndl mit Minischürze und kurzem Rock nicht mehr aktuell. Doch Schürzen kann man wechseln und Röcke verlängern.

Zweitens sind Dirndl extrem darauf angelegt, leicht an Figuränderungen angepasst zu werden. Sie werden so genäht, das gut aufgetrennt werden kann und auch die Nahtzugabe ist üblicherweise grosszügiger als bei einem normalen Kleid.

Und wenn es kein totaler Billigfummel ist, dann sind Dirndl auch aus langlebigem und „robusten“ Material genäht. Im Normalfall ist ein Dirndl schon ab 120 Euro aufwärts sorgfältig verarbeitet und aus einem Material, das nicht gleich kaputt geht.

Was also tun, wenn ich ein Dirndl habe, dass zwar in einem guten Zustand ist und auch aus gutem Material, aber von der Größe und Optik nicht wirklich überzeugt? Oder,wie hier in meinem Fall, die Rocklänge gar nicht passt?

Die Rocklänge

Wenn der Rock zu lang ist, kann man sehr einfach kürzen. Gerade bei gekauften Dirndlkleidern ist der Saum ohnehin sehr schmal. Da kann man dann einen schön breiten Saum machen und eine späterer Besitzerin könnte das Dirndl wieder leicht mit dem Herauslassen des Saums verlängern. Nur 40 cm Saum hochschlagen ist doch etwas übertrieben. (Ich war allerdings sehr erfreut, als ich bei einem anderen Dirndl feststellte, dass jemand ganz brachial den Saum 30 cm hochgenäht hatte!). Sollte das Dirndl zu kurz sein, ist schon mehr Kreativität und Einsatz gefordert. Eine ganz einfache Möglichkeit ist einen neuen passenden Rock dranzunähen.

Etwas aufwendiger wird es dann, wenn der Rockstoff zumindest teilweise erhalten bleiben soll. Wie zum Beispiel bei meinem Dirndl hier. Der Rock war mir eindeutig zu kurz. Aufgrund der Stickerei war ein anderer Rock keine Option. Allerdings irgendein schwarzer, einfärbiger Stoff schien auch nicht wirklich die richtige Lösung, denn Schwarz ist nicht gleich Schwarz. Vor allem wusste ich auch nicht wie ausgewaschen der schwarze Leinenstoff schon ist. Meine Idee war ein schwarzer Jaquard. Durch seine Musterung ist der Stoff zwar einfarbig, aber trotzdem kein einheitlicher Farbton und tritt auch nicht in Konkurrenz zur Stickerei.

In einem Fachgeschäft wurden wir exzellent beraten und fündig. Nicht unbedingt mein Traummuster, ich hätte irgendwie gerne Blumen gehabt, aber der Stoff passt und erfüllt meine restlichen Wünsche.

Der erste Schritt des Abenteuers Rock umarbeiten ist also den Rock vom Leib trennen, Reißverschluss raus (der war hässlich und wellte sich), alte Falten rausbügeln und Abmessen welche Saumweite der Rock hat. Soweit ich mich erinnere in etwa 2,3 m. Danach schloss ich die vordere Naht, an der der Reissverschluss sitzt. Dann geht es ans Tüfteln. Erstens wie lange soll der neue Rock werden, wie breit wird das Panel mit dem alten bestickten Stoff und wie viel braucht es oben dran vom neuen Stoff. Ich wollte unbedingt etwas mehr vom neuen Stoff, damit es eben nicht wie geflickt aussieht. Darum habe ich über der Stickerei sehr knapp geschnitten und den neuen Stoff angenäht. Im neuen Stoff befindet sich jetzt der Schlitz für den Reißverschluss. Oben passte der umgestaltete Rock schon, nur unten überzeugte er noch nicht so. Zum Glück hatte ich gerade genug Rest vom neuen Stoff, dass ich probeweise einen neuen Saum, als sichtbares Kittelblech, annähen konnte. Sah schon besser, allerdings mit Luft nach oben. Darum durchsuchte ich meinem Stoffschrank nach einem Stoff in den Farben der Stickerei um einen Akzent zwischen den beiden schwarzen Stoffen zu setzen. Zuerst probierte ich eine Paspel, das war dann zu massiv. Drum wurde es Schlussendlich eine flache Paspel ohne Kern.

Leider habe ich kein Foto vom Saum ohne der pinken Paspel. Doch der Unterschied war schon deutlich sichtbar von „mäh“ zu „sieht gut aus“.

Den alten Saum – er war noch drinnen – habe ich weggeschnitten und mit dem Blindstich-Fuß einen neuen Saum gemacht. Anschließend konnte der Rock wieder in Falten gelegt und an den Leib genäht werden. Am Leib habe ich eine klein wenig Weite herausgenommen, aber das war es schon. Nach dem Zusammennähen musste ich nur mehr einen neuen Reißverschluss einsetzen und die Miederhaken wieder annähen. Fertig war das neue Dirndl. Dazu nähte ich eine grüne Schürze, über die schreibe ich seperat einmal detaillierter. Die Metallkette für die Miederhaken fügt sich sehr schön ein. Fotografiert haben wir vor einem wunderbaren, herbstlichen Schrebergarten in der Schweiz bei unserem Besuch der Friedenshaus-Ausstellung. Es war ein richtigen Zaubergarten in dramatisches Licht getaucht und mit dunklen Regenwolken am Himmel, darum gibt es so viele Fotos davon zu sehen.

Fazit: So „einfach“ wurde aus dem Minidirndl aus den 60ern ein neues zeitgemäßes Dirndl. Die Stickerei und der Stil blieben erhalten, aber der Rock hat jetzt eine Länge, die viel besser meinen Vorstellungen entspricht.


Dirndl: Second Hand von coBranda

Änderungen: Leib ein bisschen enger, Rock verändert und verlängert, Neuer Reißverschluss und die Miederhaken neu angenäht.


7 Gedanken zu “Langlebig & Nachhaltig – Einen Dirndlrock anpassen

  1. Das Licht auf den Fotos ist wirklich sehr stimmungsvoll und der Ort der Aufnahme gut gewählt. Die Stickerei scheint direkt aus dem Garten zu stammen. Ein tolles Upcycling-Projekt! Kann man das hier überhaupt sagen? Dem Dirndl scheint ja die Kreislaufwirtschaft eingeschrieben zu sein, mit all den Anpassungsmöglichkeiten an sich veränderende Körper und wechselnde Moden, die von Anfang an mitgedacht werden. Ich drücke Dir die Daumen, dass sich Dein Traum erfüllt. Liebe Grüße, Manuela

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    1. Die Fotos entstanden ganz spontan auf dem Weg zur Ausstellung der Friedenshäuser. Minuten später hat es geschüttet und gestürmt.

      Upcycling, klar, das Dirndl hat ja ein „Upgrade“ erhalten.
      Das Dirndl ist von Anfang an darauf ausgelegt lange getragen zu werden (heute vielleicht nicht mehr so) und supereinfach geändert zu werden. ( ZbViel Nahtzugabe an den Seiten und leichter Zugang zu wichtigen Nähten zum anpassen.)
      Ich hoffe auch dass sich irgendwann irgendwo mal wer ein Dirndl von mir sieht, sich verliebt, es heimträgt, anpasst und begeistert trägt.
      Lg Sabine

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  2. Deine Änderungen lassen das gute Stück so richtig toll erstrahlen, und die dramatische Wolkenstimmung passt super dazu! Toll, dass der schwarze Jaquard so gut passt. Mit Deiner Dirndl-Liebe inspirierst du mich gerade, das von meiner Mutter übernommene gute Stück, das ich vor Jahren enger genäht habe, damit es mir passt, wieder weiter zu machen (weil es mir derzeit nicht passt). Ein erster Schritt zu mehr Dirndl bei Gabi? ;-) Liebste Grüße

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    1. So ein Monat schaffe ich es endlich deinen Kommentar zu beantworten.
      Dir dramatische Wolkendecke verwandelte sich kurz darauf in einen intensiven Sturm, den wir zum Glück entkommen sind.
      Dirndl enger oder weiter nähen ist ja ganz harmlos, einfach mal sich die Zeit nehmen und machen (dauert bei mir aber auch immer etwas länger und ich habe von meiner Oma ein Dirndl Mieder dass ist schon so oft enger und weiter genäht worden, welche Grösse das mal hatte: unbekannt)
      LG Sabine

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  3. Mir tut es um das Dirndl etwas leid, es wirkte vorher stimmiger. Meine Devise beim Umarbeiten alter, strukturell guter Kleidung ist immer dass alles wieder rückgängig gemacht werden kann.

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