Seide ist ein Material, das sich nicht sehr häufig in meinem Kleider- bzw. Stoffschrank findet. Das hat vermutlich mehrere Gründe. Einer, sicher nicht der Unbedeutendenste, ist, dass Seide einfach ihren Preis hat. Ich bin zwar 20 Franken pro Meter oder ein bisschen mehr gewohnt, aber bei 60 CHF aufwärts will ein Stoffkauf schon ernsthaft überlegt sein. Da will ich nicht einfach planlos Seide kaufen, da muss eine konkrete Idee her. Und bisher hatte ich noch kein Projekt, das unbedingt aus Seide genäht werden musste.
Die Seiden, die ich bisher in den Geschäften (in denen ich einkaufe) sah, waren erstens nicht allzu viele und sie waren allesamt glatte, klassisch rutschige Seiden. Es gibt jedoch, wie bei vielen anderen Stoffen, auch bei Seiden sehr unterschiedliche Qualitäten, was ihre Oberfläche und Haptik betrifft. Das eine oder andere Stückchen Seide findet sich trotzdem in meinem Depot.
- Zum Beispiel Chanderi Seide. Wenn ich mich nicht irre, bedeutet der Name nur, dass die Seide aus der Region/Stadt Chanderi kommt. Von der Haptik ist diese Seide eher leicht und steif, ein bisschen wie Seidenorganza nur doch deutlich blickdichter. Ich habe sie bei Karlotta Pink entdeckt.
- Ein paar Meter Seide, die ich geschenkt bekommen habe, die super rutschig ist und sich schon nur beim Herumliegen langsam auflöst – ein an sich schöner changierender Seidenstoff aus roten und grünen Fäden gewoben.
- Ein bisschen Wildseide in einem Kupferton von Oma, von ihr schon zugeschnitten, aber nie zu einem Bleistiftrock vernäht.
- Ein paar „Seidenkostproben“ von Karlotta Pink einfach weil die Farben so schön sind.
- Etwas Seidenorganza für meine Luneville Stickerei, denn für diese Stickerei wird fast immer Seidenorganza als Untergrund zum Besticken verwendet.
Allerdings geht mein heutiges Seidenprojekt in eine andere Richtung: Ein Nadelbrief, der fast komplett aus Seide besteht. Dass dieser aus Seide, passend zum Thema der Stoffspielereien, gearbeitet wurde, ist reiner Zufall. Gemeinsam mit meinen Eltern habe ich den Webermarkt in Haslach besucht und zu meiner Freude gab es einen schönen Stand mit Stickzubehör. Ich habe mich mit Nadeln eingedeckt, ein bisschen Schnick-Schnack erworben und am Ende nahm ich auch noch ein Set für einen Nadelbrief mit Bänderstickerei mit. Bei dieser Stickart werden überwiegend Blumen und Pflanzen mit Seidenbändern sehr naturnah gestickt, fast könnte man sagen nachgebildet. Bänderstickerei gefiel mir, aber ich empfand sie als „nicht unbedingt anwendungstauglich“. Ich bin halt kein Freund von Stickerei im Bilderrahmen und die reliefartige, erhabene Bänderstickerei eignet sich für nichts praktisches.
Jetzt fand sich aber dieses Stickset: Alles zusammengestellt und ein praktisches Projekt! Die Bänder sind matte Seidenbänder mit sehr natürlichen Farben und extrem weich. Das Stickgarn ist ebenfalls Seide und glänzend, die Farben sind unglaublich intensiv und brilliant (sonst habe ich keinen wesenlichen Unterschied zu herkömmlichem Baumwollstickgarn gefunden, ich bin allerdings auch kein Stickgarn-Snob). Als Untergrund dient ein Stück weißer Wildseide.
In dem Heft, das dem Set beigelegt ist, werden die Stickstiche anschaulich gezeigt und erläutert, ebenso befindet sich eine 1:1 Zeichnung der Stickerei darin. Ich habe die Anleitung zwar vor Beginn der Arbeit studiert, aber am Ende zur Seite gelegt und eher frei gearbeitet.
Begonnen wird bei der Stickerei mit den Stengeln. Bei Blumen arbeitet man immer von hinten nach vorne, Stengel, Blätter, Blüten und Innenteil. Nach den Stielen wurde es spannend, denn jetzt würde es mit der eigentlichen Bänderstickerei losgehen. Zur Unterstützung habe ich auch nochmal die Artikel von Floral Stitches zum Thema Ribbon Embroidery studiert. Aber sehr viele Stiche gibt es nicht, die finale Optik entsteht direkt beim Sticken: beim Formen der Bänder.
Das ist auch der große Unterschied zu anderer Stickerei. Bei Bänderstickerei wird mit Flächen gestaltet und nicht mit Linien, es werden Blütenblätter geformt. Es ist eine völlig andere Herangehensweise. Allerdings macht es auch viel Spaß, weil man bei der Arbeit sehr frei ist und man direkt die einzelnen Blätter gestaltet. Man zieht zwar das Band mit einem bestimmten Stich durch, bringt es aber dann mit der Nadel in seine engültige Form und Position. So sind leider nicht alle Blätter ganz meinen Vorstellungen entsprechend ausgefallen, aber im gesamten wirkt es gut.
Natürlich war nicht alles superleicht und nebenbei erledigt. Der Anfangsknoten beim Start hat überhaupt nicht gehalten. Allerdings stickt man später sowieso kreuz und quer durch alle Bänder, sodass sich dann nichts mehr bewegt. Was am Ende einer Blüte ein Problem wurde ist, dass sich die Nadel kaum mehr durch die ganzen Bänderschichten ziehen ließ und das breite Band auch noch etwas Widerstand leistete. Die Stickerei ist nicht nur vorne plastisch sondern auch auf der Rückseite mit einigen Knubbeln und Höckern versehen. An manchen Stellen war fast kein Durchkommen mehr.
Aber ich muss gestehen, es hat mich begeistert und ging unglaublich schnell, an einem Abend hatte ich die Stickerei vollendet und mit der Hand den Nadelbrief fertig zusammengenäht. Einziges Manko bei diesem Set ist, dass der pinke Innenstoff etwas nach außen durschschimmert, auf nochmal auftrennen und neu machen habe ich allerdings keine Lust.
Fazit: Ging schneller als gedacht und ich finde die Optik einfach toll, dass hätte ich nicht unbedingt erwartet. Jetzt muss ich nur noch ein neues Projekt finden für die Bänderstickerei
Set: gekauft auf dem Webermarkt auf dem Stand von Daniele von Fischer, Sticken und Gestalten in Berlin, (hier und hier online gefunden)
Verlinkt zu Siebensachen zum Selbermachen, der Gastgeberin des Stoffspielereien zum Thema Seide und zu der Stickparty von made with Blümchen, Creadienstag, HoT, Dienstagsdinge, CreateInAustria.
Sehr interessant! Hatte ich vorher noch nicht gesehen (aber ich bin keine Stickerin). Danke für das ausführliche Zeigen und Beschreiben. Nadelbriefchen ist eine gute Idee, das nimmt man oft genug in die Hand, um sich an der Stickerei zu freuen, aber dann doch wieder nicht so oft, dass sich die schöne Arbeit zu schnell abnutzt. LG Christiane
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Dankeschön.
Es gibt auch extrem viele Sticktechniken und Stile.
Das hat mir selber am Set sehr gefallen, dass am Ende was rausgekommen ist, dass auch tatsächlich Verwendung findet und nicht nur in einer Schublade versenkt wird und verstaubt.
Lg Sabine
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Das ist ja toll geworden! Das Dreidimensionale und die gelungene Kombination von Bändern und Garn gefallen mir besonders gut. Ich habe auch überlegt, ob man diese Bändchenstickerei für Kleidung verwenden kann, fürchte aber, dass du mit deiner Vermutung Recht hast.
LG
Siebensachen
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Herzlichen Dank
Meine Schwester hätte ja vorgeschlagen Vorhänge zu besticken, was mich aber nicht so von den Socken reißt. Was aber machbar wär, wäre eine schicke Clutch, die man eh so gut wie nie verwendet, was irgendwie auch blöd ist oder wo ich es mir gerade sehr gut vorstellen könnte auf einer Dirndl Schürze, die sind ja rein dekorativ und abseits vom Bierzelt auch nicht Flecken gefärdet.
Oder vielleicht bei Cape zu einem Mantel.
Lg Sabine
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Liebe Sabine
Dein Nadeletui ist wunderschön, ich hoffe es einmal in „in Natura“ zu sehen. Handsticken finde ich auch etwas sehr Schönes, aber mir geht es wie dir, ich möchte es nicht einfach an die Wand hängen sondern einen Nutzen sollte es haben.
Herzlichst
Verena
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Da bin ich froh, nicht alleine mit meiner Abneigung gegen Stickerei im Stickrahmen an die Wand zu sein. Es mag jetzt vielleicht hipp sein, aber alle Wände damit vollzupflastern?
Lg Sabine
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Ein wunderschönes Teil. ich kann mich für solche Stickereien ja total begeistern. Es ist so schön anzuschauen und so meditativ in der Herstellung. Toll!!!!
LG Ute
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Vielen lieben Dank
Sticken ist echt total entspannend, wenn es mit dem so überhaupt nicht klappt, dann schnappe ich mir mein Stickzeug, ziehe mich aufs Sofa zurück und kann abschalten.
Lg Sabine
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Ich bin komplett geflashed und total begeistert! Das Dreidimensionale an dieser Technik ist großartig! Vor drei Jahren habe ich aus der Provence ein paar Seidenbänder zum Sticken mitgenommen – sie ruhen in einer Schachtel und warten… worauf? Dein Vorbild macht große Lust, das Projekt anzugehen. Ich bin aber ganz bei Dir: ich mag auch liebrer Dinge, die nicht herumliegen oder hängen und verstauben, sondern die man benutzen kann. Ein Nadelbrief ist genau das richtige kleine, feine Projekt für sowas. Einfach toll geworden! Liebe Grüße, Gabi
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Dann kann ich nur sagen Bänder ausgraben und lossticken. Es macht wirklich Spaß und geht sehr schnell dass man was sieht und erste Erfolge feiert.
Ich bin dann mal auf deine Bänderstickerei gespannt.
Lg Sabine
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Da stellst du in Verbindung mit wunderbaren Fotos eine interessante Technik vor, die ich noch nicht ausprobiert habe. Aus der Zeit des art deco kenne ich Abendtäschchen, die so geschmückt sind.
Wie mühsam es ist, durch die vielen Stofflagen zu nähen, kann ich mir gut vorstellen.
Stimmt – Seidenstoffe guter Qualität sind teuer, aber man fühlt sich großartig, wenn man ein selbstgenähtes Kleidungsstück daraus trägt.
Liebe Grüße
Tyche
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Ja ein edles Täschchen mit dieser Technik bestickt stelle ich mir sehr elegant vor.
Und ja ein Kleidungsstück aus einem schönen Seidenstoff ist was wunderbares.
Lg Sabine
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Wo gräbst Du nur immer diese alten Handwerkstechniken aus? Wundbar!
Um mal eine Vorstellung von der Größe der Blumen zu bekommen. Wie groß ist denn Dein Nadelbrief? Auf den Fotos wirkt er riesig, aber vmtl. sind das Nahaufnahmen … Abhängig von der Größe könnte ich mir die Blumen auf einem couturigen Kleid vorstellen, ok. das ist nun auch nicht gerade für den Alltagsgebrauch …
LG Manuela
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Naja rumplempern im Internet einerseits und gute Bücher andererseits, kurz gesagt viel lesen und meine stetige Suche nach neuen Herausforderungen.
Bänderstickerei zum Beispiel kenne ich aus meiner Kindheit, da hat die Mama mal ein Buch zum Thema gekauft.
Der Nadelbrief ist 10 x 10 cm.
Die Blüten können je nach Bänderbreite von filigran bis sehr groß gestickt werden.
Es muss einfach, wenn wo draufgestickt, was sein was selten bzw nur mit der Hand gewaschen gewaschen werden muss.
Lg Sabine
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Ich habe Deinen Beitrag zu den Stoffspielereien erst heute entdeckt. Dein Nadelmäppchen ist wirklich gelungen! In Australien und Amerika war Bändchenstickerei vor Jahren mal modern. Die haben Taschen, Beutel und Stricksachen damit bestickt.
Liebe Grüße Annelies
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Merci vielmals.
Bei uns war die Stickerei mit Bänder eigentlich nie so wirklich modern, sieht auch nicht in alten Handarbeitszeitschriften nicht. Hat vielleicht auch auch dort mehr Tradition als hier.
Lg Sabine
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Wow, das sieht wunderschön aus. Das habe ich auch noch nie gesehen – ein richtiges Kunstwerk!
LG Reni
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Herzlichen Dank und freut mich das du neues entdecken konntest.
Lg Sabine
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Liebe Sabine,
einfach nur schön – und danke, dass Du so tolle Nahaufnahmen gemacht hast. So sind die Blumen in ihrer Dreidimensionalität gut zu erkennen. und Seide ist hierfür wirklich ein passendes Material, da alle leicht schimmert. Ich überlege auch, wo man das noch einsetzen könnte. Evtl. am Halsausschnitt einer Bluse, aber so, dass man es abnehmen könnte (Drückknöpfe?) Aber auch an einem kleinen dezenten Vorhang,, der einfach für sich wirkt?
Danke fürs Vorstellen und Zeigen!
Ines
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Herzlichen Dank.
Ja das 3D dieser Stickerei ist echt toll.
Ein abnehmbarer Kragen einer Bluse ist eine sehr gute Idee. Das ist auch kein so riesen Projekt, das nie fertig wird.
Lg Sabine
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