(read in English)
Samt ist ja als eine der großen Diven innerhalb der Stoffe verschrien. Gerade zu berühmt berüchtigt ist der Stoff für seine Wanderfreudigkeit unter dem Nähfüßchen. Doch es gibt auch ein paar andere nicht zu unterschätzende Eigenschaft von Samt. Wenn man jedoch von vornherein darauf achtet und einem keine Dummheitsfehler unterlaufen, ist es weit weniger dramatisch mit Samt zu nähen als einem jeder prognostiziert.
Alle folgende Tipps stammen von meiner Erfahrung mit meinem Samtrock fürs den Weihnachtskleid Sew-Along 2017 und dem Umarbeiten eines Samtmantels. Ich habe selbst bevor ich mich am großen Samtstück versucht habe, das meiste an einem Teststücke von der Stoffbreite von ca. 20×20 cm probiert. Und selbst später kann diese Stück Stoff noch sehr praktisch für andere Zwecke sein – dazu später mehr. Im Übrigen empfehle ich allen vor der ersten Verarbeitung des Samtes zuerst an einem Teststück herumzuprobieren, ob der Samt auch mit der Behandlung einverstanden ist.

#1 Die Vorbereitungen.
Als erstes muss überlegt werden, ob das Kleidungsstück später gewaschen werden soll oder nicht. Wenn nicht, kann dieser Schritt übersprungen werden, einen Mantel bringt man ja schließlich in die Reinigung. Nicht jeder Samt verträgt den Tripp in der Waschmaschine gleich gut, darum unbedingt ein Teststück waschen. Wirklich wichtig es es auch den Stoff vor dem Waschgang zu versäubern, andernfalls sieht es aus als gäbe es eine Flohepidemie. Zusätzlich haben Baumwollsamte den Ruf stark zu schrumpfen. Mein Teststücke schrumpfte um 2 cm, was mir jetzt nicht so viel erschien. Nachdem das Teststück ohne Schaden aus der Maschine kam, habe ich den gesamten Samt mit dem normalen Waschprogramm und 40 Grad gewaschen. Danach ist es allerdings wichtig den Stoff flach ausgebreitet zu trocknen, ohne Knicke und Falten.
#2 Aufbewahrung von Samt
Kurzfristig kann Samt gefaltet und liegend transportiert und aufbewahrt werden. Um keine langfristigen Schäden/Lagespuren zu erhalten muss der Stoff allerdings hängen oder auf einer Rolle aufbewahrt werde.
#3 Das mit der Strichrichtung
Strich nach oben oder unten ist egal. Hauptsache ist, dass alle Teile die gleiche Strichrichtung haben. Wenn die Strichrichtung von unten nach oben ist wirkt der Samt dunkler und dramatischer.
#4 (Nicht)-passende Schnitte für Samt
Samt ist nicht für Schnitte geeignet an denen viele Stofflagen übereinander landen wie z.B. ein Kellerfaltenrock. An den mehrlagigen Stellen wird das schnell sehr dicke und ungelenke Angelegenheit. Sollten doch mehrere Stofflagen aufeinandertreffen, hilft nur der Griff zur Schere mit dem sehr knappen zurückschneiden der Nahtzugabe.
#5 Zum Schnittmuster übertragen
Beim Übertragen des Schnittes auf den Stoff, nur Stecknadeln ohne großen Glasskopf oder ähnlichen verwenden, die Glasköpfe hinterlassen sonst Druckstellen. Auch die Nadeln sind so schnell wie möglich wieder aus dem Stoff zu entfernen. Allgemein ist anzumerken dass man Stecknadeln egal welcher Art nicht zu lange im Stoff stecken lassen sollte.
Das Kopierrädchen ist ein absolutes No-Go bei Samt. (Außer man möchte auf der Aussenseite die Markierungen auch sehen.) Wonderclips sind aus dem gleichen Grund auch nicht zu empfehlen!
#6 Kanten versäubern
Gleich nach dem Zuschneiden alle Kanten mit Schrägband oder Overlock zu versäubern. Dies reduziert deutlich dass Fusseln des Stoffes. Außerdem wird dadurch die Nahtzugabe schon etwas „geplättet“ und der Samt wandert weniger beim Nähen.
Wenn sich der Samt beim Nähen trotzdem immer noch zuviel verschiebt, bleibt leider nichts andere übrig als zu heften.
#7 Auftrennen bitte vermeiden!
Nähte sind nach dem Auftrennen sichtbar. Somit kann bei Samt nur enger und nicht weiter genäht werden.
#8 Samt bügeln
Das Bügeln von Samt ist zwar etwas komplizierter als bei normalen Stoff, aber auch mit der entsprechenden Vorbereitungen unbedenklich möglich. Im Idealfall hat man ein Samtbügelbrett. Da ich keines hatte, habe ich mir damit beholfen mein Teststück als Bügelunterlage mit den Floor nach oben zu verwenden. Den Samt habe ich dann immer von hinten gebügelt mit mehr Dampf als Druck. Auch hier am besten einen Test machen, denn dann sieht man schön was passiert, wenn man auf der Floor-Seite mit viel Druck und Dampf bügelt. Mit etwas Geduld lassen sich so auch Klebeeinlagen aufbügeln, auch wenn bei diesen immer viel Druck ohne Dampf empfohlen wird.
Eine ungestete EMpfehlung aus einem alten Nähmagazine ist die Nahtzugabe abzudäpfen in dem man ein feuchtes Stoff tuch über das Bügeleisen legt, oder den Stoff straff gespannt über einen Kochtopf voll dampfenden Wasser. Zusammengefasst vorsichtig dämpfen ohne Druck.
#9 Scharfe Saumkanten
Um scharfe Saumkanten zu erhalten die Kante mit Bundeinlage bekleben.
#10 Transport von Samtkleidungsstücken.
Damit der Samt beim Transport keine Abdrücke erhält, empfehle ich es das Kleidungstück nach innen zu drehen, locker zusammenzurollen und mit genug Luft in einem Stoffbeutel zu transportieren. So jedenfalls hat mein Samtrock die 12-stündige Zugfahrt nach Österreich ohne Schäden überstanden.
#11 Alltagstauglichkeit & Abnutzung
Samt ist jetzt nicht ein Material um Alltagskleidung zu nähen. An jeder Stelle an der Samt regelmäßig gestreift wird, scheuert sich der Floor langsam ab. Allerdings kann dies an gut gepflegter Vintage-Samtkleidung (Beispiel 1 und 2) auch zu sehr hübsche Farbeffekte führen.
Hast Du noch eine Frage, die nicht beantwortet worden ist? Stelle sie uns doch gerne in den Kommentaren. Ansonsten wünsche ich viel Erfolg beim nächsten Samtprojekt.
Verlinkt zu Creadienstag & CreateInAustria.
Für später merken:
muss ich mal meiner Kollegin zeigen, deine Seite
LikeGefällt 1 Person