Diagonale Streifen & Pattern Matching

Ab und an überascht mich meine 84 jährige Mutter mit Stoffen, die sie irgendwo ausgegraben hat, bei ihren zaghaften Versuchen sich von ihren Stoffschätzen zu trennen. Genaugenommen weiß sie ja gar nicht mehr, was sie besitzt, denn sie näht seit zwanzig Jahren keine Kleidung mehr, sondern macht ausschließlich Patchworkarbeiten. Wie auch immer, darunter befand sich ein hochwertiger Seidenstoff, nur natürlich nicht unbedingt in einer Farbigkeit, bei der ich sofort Hurra geschrien hätte. Jetzt ist es aber so, dass ich letztes Jahr diese türkise Hose nähte (auch aus Omas Fundus…), die ich diesen Sommer erst auf ihre „mag ich sie überhaupt“ Tauglichkeit testete, immerhin erfolgreich. Also dachte ich: „Der Stoff passt prima dazu, los geht’s“.

Mit Streifen ist es immer so eine Sache, quer, längs, diagonal- was wirkt am besten? Ich hatte da einen sehr einfachen Schnitt von Kwik.Sew Pattern 3036 im Kopf, an dem ich mich schon einmal vesucht hatte und das Endergebnis war, ja wie? Irgendwie glaube ich, nicht so recht gelungen. Warum weiß ich nicht mehr, aber ich wollte unbedingt einen weiteren Versuch wagen. Vielleicht hatte mir damals bloß der Stoff nicht gefallen oder war da was mit der Größe? Jedenfalls werden vier Blusenvarianten gezeigt, eine davon mit Streifen. Also legte ich den Schnitt auf, und zwar genau so wie auf dem Schema der Schnittauflage für mein Modell D.

Nachgedacht habe ich nicht darüber, dazu war es zu heiß. Der schönste Moment, nach dem Zuschneiden, ist für mich das Aufstecken der Teile an der Puppe, da sehe ich dann schon so ein bißchen etwas von der Wirkung des Modells. Vorne hatte ich tatsächlich ein wunderschönes Patternmatching, ich war begeistert.

Die Überraschung kam als ich die Puppe umdrehte. Die Streifenspitzen liefen jetzt plötzlich nach oben. Ein interessanter Effekt, speziell weil bei meinem Stoff die Streifen in der Seitennaht fast perfekt durchlaufen. Aber vermutlich so nicht gewollt oder doch? Ich habe die Sache auf sich beruhen lassen und die Bluse genäht. Nachdem ein paar Tage später die letzten Handnähte getan waren, widmete ich mich nochmals der Frage mit dem Auflegen der Teile. Genaugenommen war ich auf der Suche nach einem weiteren Streifenstoff für ein neues Experiment. Ich wollte dieser Sache unbedingt auf den Grund gehen und ich mache das halt am liebsten mit Stoff… Es hat sich ein Karo mit dominanten Streifen gefunden. Auch nicht meine Lieblingsfarben, aber wieder eine weitere Kombinationsmöglichkeit zur türkisen Sommerhose. Und mit diesem Stoff würde ich das Problem „wie legt man so einen Streifen richtig auf ?“ durchexerzieren. Ja nun, jetzt weiß ich es. Nämlich so:

Dabei hat man natürlich einen extremen Stoffverschnitt, aber eine sehr effektvolle Wirkung. Mit dem Seidenstoff wäre sich das so gar nicht ausgegangen. Auf den Schnittteilen ist der Fadenlauf für den Streifenschrägschnitt übrigens korrekt angegeben, nur hatte ich mich mit solchen „Nebensächlichkeiten“ nicht abgegeben…

Zur Leinenhose: Ich habe sie genäht und wusste nicht so recht ob ich diese überstehenden Rüschen am Bund mag oder ob ich mir am Bauch nicht zu eingewickelt und üppig drapiert vorkomme. Wenn ich nicht dicker werde, ist es o.k. Nur sollte das Oberteil eher knapp sitzen und wirklich in den Bund gesteckt getragen werden.