Österreichs größtes gehäkeltes Korallenriff im Schlossmuseum Linz

crochet coral reef linz schlossmuseum

Gehäkelte Meere und andere Abstraktionen – ein kollaboratives Projekt von CHRISTINE & MARGARET WERTHEIM und dem Institut For Figuring inspiriert von Mathematik und Klimawandel

Bereits vor Weihnachten habe ich das Plakat zu dieser Ausstellung gesehen. Von dem Coral Reef Project der Schwestern Margaret und Christine Wertheim hatte ich schon vorher gewusst. Wenn so eine phantastische Ausstellung in Linz zu sehen ist, musste ich sie mir natürlich unbedingt ansehen.

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Über die letzten Monate haben etwa 1.500 Menschen in ganz Österreich und darüber hinaus Korallen gehäkelt, um zu Österreichs größtem Häkel-Korallenriff beizutragen. Die gehäkelten Installationen sind Teil des weltweiten Crochet Coral Reef-Projekts der in Australien geborenen und in Los Angeles lebenden Künstlerinnen Christine und Margaret Wertheim. Als Künstlerinnen und Wissenschaftsautorinnen erforschen die Schwestern Wertheim Grenzen und Verbindungen zwischen Kunst, Wissenschaft, Mathematik und gemeinsamer Arbeitsweise. Ihr Projekt nutzt das traditionelle Handwerk des Häkelns, um großformatige Skulpturen und Wandarbeiten zu schaffen, die an Meereslandschaften und lebende Riffe erinnern.

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In der Ausstellung finden sich einzelne Riffskulpturen, wie sie von den Schwestern Wertheim und anderen geschaffen wurden, dazwischen einige Spitzendeckchen. Eine Tafel mit mathematischen und geometrischen Notizen erinnert an den Ausgangspunkt der Ausstellungsidee: Häkeln als Veranschaulichungsmethode des hyperbolischen Raums. (Des Raums außerhalb der geraden Gitterstrukturen unserer Welt: unsere Häuser, unsere Papierformate, Straßen usw. Schon in der Schule lernen wir die wichtigsten Grundlagen der euklidischen Geometrie, rechter Winkel, Kreisumfang …Außerhalb unserere rechtwinkeligen Kunstwelt wimmelt es in der Natur aber nur so von geschwungenen, gekräuselten und rüschenartigen Oberflächen. Nur lassen sie sich schwer darstellen.) Das bildet gewissermaßen das fixe Gerüst der Wanderausstellung.

Dazu gibt es verschiedene Satellitenriffe, an denen, je nach Ausstellungsort und Land, unterschiedlichste Personen beteiligt sind. Hier spiegelt sich auch die jeweilige Kultur des Landes wieder. Das Austrian Satellite Reef ist inspiriert von rot/weißem Kreuzstich, Blaudruck, der Linzer Goldhaube und den Gold und Violetttönen der Bilder Gustav Klimts. So wandert man also an prachtvollen rotweißen, blauweißen oder goldschwarzen Riffen (mit integrierten gehäkelten Minigoldhaben) vorbei. Lässt sich überraschen von ganzen Korallenwänden in allen Farben und kann Minikunstwerke in Vitrinen bewundern. Dazwischen laden gemütlicher Sitzbänke zum Verweilen und Innehalten ein.

Ein Korallenriff ist ein Zusammenleben und Miteinanderwachsen von tausenden Einzelorganismen. Ähnlich ist es auch hier: mehr als tausend Einzelpersonen haben für das Riff gehäkelt. Jede für sich wird ihren individuellen Beitrag wiedererkennen, aber alleine für sich würde das Häkelteil kein Riff ergeben. Die großartige Wirkung ergibt sich nur in Zusammenwirkung der vielen skurrilen, wunderlichen, oft witzigen Häkelteile. Das finde ich großartig. Zudem ist dieses Projekt durchaus ein Stück feministischer Aktionismus, umgesetzt mit der oft belächelten Technik des Häkeln und hat durch die vielen beteiligten Laien einen starken demokratischen Charakter.

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Als 2005 die Schwestern Wertheim eher zufällig die Idee zum Crochet Coral Reef-Project hatten, war die Korallenbleiche und der Klimawandel noch nicht wirklich ein Thema für die Allgemeinheit. Mittlerweile ist das anders. Das ist ein weiterer Aspekt der Ausstellung.


Fazit: Unbedingt sehenswert, sehr inspirierend. Schön ist auch der rückwertige Raum, in dem jeder selber sein Riff aus Einzelteilen bauen kann und die Kunst des Häkelns versuchen darf. Was mir aber besonders gefällt ist die Vielschichtigkeit, die in der Ausstellung steckt.

Wo: Schlossmuseum Linz. OÖ

Ausstellungsdauer: 5. Oktober 2023 bis 7.Juli 2024
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, Feiertag: 10:00 – 18:00 Uhr


10 Gedanken zu “Österreichs größtes gehäkeltes Korallenriff im Schlossmuseum Linz

  1. Ich habe vor ein paar Jahren wieder mit dem Haekeln angefangen. Diese Ausstellung wuerde mich sehr interessieren, nur ist mir Linz leider zu weit. Ich komme aus dem Ruhrgebiet.

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    1. Oh, schade, die Ausstellung würde dir gefallen. Ich bin nahe dran, trotzdem überseh ich oft interessante Sachen. Wie es halt so geht. Darum freue ich mich doppelt, dass es diesmal geklappt hat. Liebe Grüße, Silvia

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  2. Super, danke für den Tipp! Das klingt ganz danach, dass ich meine Freundinnen (v.a. Heike) zu einem textilen Ausflug ins Auto packe. :-) Herzlich, Gabi

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  3. Wow, das ist wunderschön! Leider komme ich ziemlich sicher nicht bis April nach Österreich … aber ich kann ja deine Bilder anschauen 🙂

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