Im Schneckentempo unterwegs – Wortbotschaften

Auch dieses Jahre hosten b.z.creations und kristastitches wieder ihren Stitch Along: Stitch this in your Style. Immer Anfang des Monats gibt es das neue Thema. Die Aufgabe für alle StickerInnen im Januar 2021: Ein gesticktes Wort. Um es gleich einmal klarzustellen: Ich bin gar nicht gut, wenn es um Symmetrie und exakte Formen geht. Das war schon während meiner Ausbildung so (die Grafiker heutzutage haben ja gar keine Ahnung mehr, wie man sich mit Buchstaben plagen musste, vor gut 40 Jahren…) und es ist immer noch so. In dieser Hinsicht habe ich nichts dazugelernt, scheint mir. Aber, trotz alledem, warum nicht Herausforderungen annehmen. Nur fiel mir einfach kein Wort ein, das ich gerne sticken würde. Daher habe ich mir gemeinsam mit Sabine die bereits veröffentlichten Beispiele angesehen. Das war in verschiedener Hinsicht sehr interessant. Erstens gibt es da eine wunderbare Vielfalt zu sehen, was Technik, Farbe und Gestaltung betrifft. Zweitens- und das war für mich ein wirklich bemerkenswerter Aspekt: Die Wortwahl, damit auch die Botschaft (gewollt oder ungewollt).

Meine Überlegungen zur eigenen Wortwahl waren folgende: Nicht zu lange, möglichst verschiedene und nicht zu schwierige Buchstaben, aber natürlich sollte es ein Wort sein das ich mag. Schon in der Schule habe ich mich durch besonders kurze Wörter bei Schriftzugaufgaben hervorgetan und erhielt prompt den Auftrag ein Wort mit mehr Buchstaben zu wählen … Bei dieser speziellen Aufgabe an die ich da denke verwendete ich Städtenamen, die wirken ziemlich neutral. Dennoch wir verbinden mit jeder – uns bekannten – Stadt eine bestimmte Atmosphäre oder Charakteristik (altmodisch, modern, aufstrebend, dreckig, dynamisch…). Unter den gestickten Beispielen finden sich Worte wie hope, magic, create, wachsen/grow, love, Geduld/patience, dream aber auch auffallend viele negative Schimpfwörter, gerne umgeben von idyllischen Blümchen … Als Kontrast? Provokation? Die meisten Arbeiten sind als Hoop-Art gedacht, also zum an die Wand hängen. Wer sind wir, dass wir so gerne an solchen Botschaften jeden Morgen vorbeispazieren möchten oder eventuell darauf unseren verschlafenen Blick beim Frühstück richten? Warum ist das cool? Oder sind wir schon so abgestumpft? Ich weiß es nicht. Aber es hinterlässt ein seltsames Gefühl.

Das Wort meiner Wahl wurde: unterwegs. Das Bild der Schnecke gibt dem Begriff eine zusätzliche Nuance, vielleicht … Gegangen ist es anders herum. Ich hatte da diese gestickte Schnecke und wollte ein Wort dazu finden. Was würde passen? Was würde ein bißchen Humor dazubringen? Ums Eck gedacht Sinn ergeben? Nun ja, gestickt hatte ich die Schnecke, nachdem ich das wundervolle Buch Schnecken-Ein Portrait von Florian Werner letzten Herbst gelesen hatte. In diesem kleinen Buch erkundet und umkreist er das Wesen der Schnecken und folgt der spannenden, abenteuerlichen, oft skurrilen und erstaunlichen Spur der Schnecke in der Kultur- und Naturgeschichte. Er erzählt von seinen temporär als Haustiere im Terrarium gehaltenen Schnecken, Schneckenrennen, Züchtern und Architekten. Das Buch hatte mich dermaßen begeistert, dass ich sofort mit der Kamera auf Schneckenjagd gegangen bin und dabei für mich diese geheimnisvollen Wesen wieder neu entdeckt habe. Wieder deshalb weil auch wir, meine Shwester und ich, eine, Theresia genannte, Weinbergschnecke eine Woche lang am Balkon als Haustier halten durften, bevor wir sie wieder in die Freiheit entließen.

„...wer langsam geht oder gar kriecht, kostet jeden Augenblick und Zentimeter seines Daseins voll aus. Er schmeckt jede zarte Faser eines Salatblatts, er schnuppert an jedem dezent angefaulten Apfel, er spürt jeder noch so unscheinbaren Unebenheit des Bodens nach. Und im Zweifelsfall bleibt er einfach ein paar Stunden, Tage oder auch Jahre auf derselben Stelle sitzen.

Zur Tasche: Verarbeitet habe ich meine Stickerei zu einer kleinen Tasche von ca. 26 cm x 13 cm mit Reißverschluss für all das was Frau eventuell so braucht unterwegs…Zur Stickerei: Die Schnecke ist im Kettenstich gestickt, das Wort in Legetechnik/Couching (5 Fäden, 1-fädig zum Befestigen)


Buch: Schnecken Ein Portrait von Florian Werner erschienen 2015 in der Reihe Naturkunden, zahlreiche Illustrationen, 149 Seiten, Format 18cm x 12,5cm, ISBN 978 3 95757 164 9

Material: als Stickgrund weiße Baumwolle, 6 fädiger Sticktwist (3-fädig verarbeitet), bedruckte Baumwolle (Aborigine Print von Karlotta Pink), Reißverschluss, weißer Futterstoff


14 Gedanken zu “Im Schneckentempo unterwegs – Wortbotschaften

  1. Ich finde deine Schnecke einfach total klasse. 😍 Das Wort passt dich super zu ihr. Wer sagt denn das man immer hetzen muss um unterwegs zu sein? Ach zu deinem Bild fällt mir soo viel ein….. 😁 Auch das es eine Tasche zieren darf finde ich super, vielleicht darf so das Stickzeug auch mal unterwegs rausgeholt werden?

    Liebe Grüße deine nähbegeisterte Andrea 🍀

    Gefällt 1 Person

  2. Liebe Silvia,
    Dein Blogbeitrag rund um die Schneckenstickerei ist solch ein wundervoller Augenschmaus voller Inspiration, Kreativität und toller Bilder, dass ich ihn garantiert mehr als einmal genießen werde. Vielen Dank dafür, meine herzlichsten und Dir einen schönen Tag, Ev

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  3. Liebe Silvia,

    ich freue mich, deinen Blog entdeckt zu haben, ich glaube, ich kannte ihn noch gar nicht, oder habe ihn eben gerade nicht auf dem Schirm. Wie auch immer, ich finde deine Stickerei mit dem Wort „unterwegs“ großartig und auch dein Text dazu gefällt mir sehr.

    Die Mitmachaktion habe ich mir auch schon auf Instagram angeschaut, sie gefällt mir auch sehr gut.

    Unterwegs und Schnecken, das wäre nicht das erste, was mir als Kombination einfallen könnte, aber ja, es ist genau diese „Langsamkeit“, die mich – je länger ich darüber nachdenke – begeistert. Sehr kreativ.

    Liebe Grüße

    Anni

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  4. Das ist ein ganz wunderbarer Blogbeitrag, der mich sehr angesprochen hat. Sehr schöne Gedanken!!! Das Schneckenbuch habe ich mir sofort bestellt 😄

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  5. Baah, was fuer eine wirklich zauberhafte Schnecke – auch wenn ’nur‘ gestickt*!
    Die kann aber wirklich sehr gut mit ‚Meinen Echten‘ hier konkurrieren!
    Auch wenn ich die Lebenden in Uebermengen als schon sehr arge Konkurrenz in meinem Gemuese-Beet ansehe, so ‚zuechte’/halte ich mir doch – immer wieder – dort in ‚gewissen Mengen ‚ die echten ‚Haeusl-Schnecken‘ als Jaeger der mM noch gefraessigeren Nacktschnecken; mM funktioniert das relativ gut bei mir: Wissenschaftler hierzu zustimmend oder nicht \../
    Kicher: ausserdem war ich gerade mal am Ueberlegen und Abzaehlen, ob Du vielleicht mit ‚internationalerer Sprachanwendung‘ ein kuerzeres Wort abbekommen haettest, aber die mir bekannten kuerzesten Versionen – in English zumindest – gelangen ca. auf dieselbe Menge an Buchstaben; sorry.
    Nachdem ich leider auch keine Aborigine** Sprache beherrsche, kann ich Dir leider auch kein zum Stoff passendes Wort dafuer liefern und bleibe darum stecken bei „on the road“ und „walkabout“.
    Auch auf Ital. und Franzoesisch waere keine Einsparung moeglich (= meine eigenen miegeren Sprachkenntnissse hierbei zugrunde gelegt; sorry)
    Haaach ….. aber auf ‚Bayerisch‘: Furt ;-) ;-) :-D ?!
    … perfekt bin ich in selbiger Sprache ausserdem – trotz passablem Hochdeutsch und bestem ‚D-Englisch‘ – eigentlich noch immer (= staun/wunder).
    Die Gedankengaenge/Weltansicht zum ‚Schnecken-Leben‘ finde ich ausserdem ‚beruhigend bestaetigend‘ passend: ich ’spinne‘ also doch nicht gaaanz alleine auf dieser Welt. Danke herzlichst dafuer, ich grinse hierzu meinem Spiegelbild gleich viiiel weniger ‚castaway-style‘ zu!

    LG, Gerlinde

    * Da zeigt sich aber wirklich auch das alte Problem von Nadelkuenstlern (und wohl auch anderen mit Farbe gastaltenden Kuenstlern?): da fehlt doch noch was, damit es wirklich wirkt. Dies ist meist eine noch zusaetzlich eingefuegte Farbe – eeegal wiiiie gering der Platz dafuer ist. Gratulation: geschafft !!!

    ** dort sind aber wohl gar viele Worte auch nicht gerade kurz, was ich zu meinem Erstaunen beim Abgleich mit mir doch bekannten Ausdruecken (bisher) feststellte \../ /..\
    Es gibt – auch bei denen (Aborigine) – einige untereinander abweichende/nicht allg. einheitlich verstaendliche Sprachen.

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    1. Ja, das mit den langen Wörtern ist so eine Sache, es wurde halt doch ein längeres Wort daraus als gedacht- und, ich gebe es zu, so schlimm war das dann gar nicht beim Sticken. Freut mich wenn dir mein Schneck gefällt- wir treten übrigens auch öfter in Konkurrenz um den Salat mit den Schnecken an, gehört irgendwie dazu. Liebe Grüße, Silvia

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  6. Deine Schnecke ist so schön, und die zarte Ironie des Wortes dazu. Ich bin sooo gerne unterwegs! Also derzeit ja eher nicht, aber im Normalfall spielt Reisen, mobil Sein in meinem Leben eine große Rolle. Häufig zu schnell, daran erinnert die Schnecke. Machmal, wenn ich nicht mit dem Rad durch die Stadt düse sondern absichtlich zu Fuß gehe, entdecke ich Ecken und Ansichten, die mir sonst verborgen bleiben. Insofern steckt noch viel mehr Weisheit in deiner wunderbaren Schnecke als auf den ersten Blick sich zeigt. Danke auch für den Hinweis auf die monatliche Stick-Aktion, die gefällt mir sehr! Liebe Grüße, Gabi

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