*** Rezensionsexemplar kostenlos vom Stiebner Verlag zur Verfügung gestellt ***

Wie in meinem letzten Beitrag über das Buch Skandinavische Mode selbst genäht beschrieben, habe ich mir vorgenommen möglichst verschiedene Schnitte aus dem Buch zu nähen. Diesmal möchte ich über meine Näherfahrungen von vier weiteren Modelle berichten.
Der Fledermausärmel war gerade „in“ als ich ein junges Mädchen war. Tja, wie die Zeit vergeht. Ich hatte auch einen Pullover mit solchen Ärmeln damals, und ich weiß sogar noch wie er aussah: beige, mit so einer Streifenstruktur wie Cordsamt. Keine Ahnung, ob er mir wirklich gefiel, ausgesucht hatte ich vermutlich nicht selber …
Jedenfalls fiel mir das alles wieder ein, als ich den Pullover in dem Buch Skandinavische Mode selbst genäht sah. Das ist ganz was leichtes, dachte ich, und begab mich auf die Suche nach einem passenden Stoff. Bei Testläufen ist die Stoffwahl sehr schwierig, weil man schließlich nicht ausgerechnet einen besonderen Favouriten für Experimente einsetzen möchte. Möglicherweise geht was daneben oder der Schnitt funktioniert nicht, und, in diesem Fall, geht es mir ja eigentlich darum, die Schnittpalette des Buchs auszuloten, und nicht unbedingt mein Wunschstück zu nähen. Was natürlich nicht heißt, dass nicht ein Idealmodell, das alle Wünschen übertrifft, entstehen kann …
Von unserer sommerlichen Stoffverschenk-Aktion ist noch ein kleiner Stapel über, den inspizierte ich zuerst und fand einen sehr schönen Wollstrick. Schön, was seine Qualität betrifft, wunderbar leicht, die Farben sind nicht so meins.


Bei Fledermausärmeln braucht man eine relativ große Stofffläche, weil die Ärmel angeschnitten sind, es gibt nur ein Schnittteil. Bei diesem Modell ist es für vorne und hinten gleich. Bündchen für Hals, Arm und Taillenbund waren aus dem gleichen Material geplant. Für den Taillenbund reichte mein Stoff nicht, darum hat meine Version einen fertigen Strickbund dran. Der Stoff ließ sich übrigens wunderbar verarbeiten und fertig gefällt mir der Pullover sehr gut, auch das Muster.
Ja, ich war mit meinem Werk so zufrieden, dass ich entschied ihn aus einem prachtvoll gemusterten Samtjersey nochmal zu nähen. Eins muss ich sagen: Der Stoff gefällt mir immer noch, aber das Verarbeiten war ein Alptraum, weniger das Nähen, als vielmehr der Staub der vielen Samtfusselchen …
Hier endet der Pulli ziemlich akkurat in der Taille mit einem schmalen Bündchen. Mir gefällt der breite Bund eigentlich fast besser. Aber augenblicklich habe ich absolut keine Lust auch nur einen Zentimeter Naht zu öffnen!


Nachdem Fusseltheater war es wieder Zeit für ein Modell aus Webware. Es gibt im Buch eine Bluse und ein Hemd. Ich habe beides genäht. Die Bluse funktioniert bei mir nicht richtig. Durch die offenen Falten vorne, die mir sehr gut gefallen, rutscht der Ärmel an der Schulter irgendwie zurück. Vielleicht habe ich die Falten nicht exakt genug genäht, ich weiß es nicht. Ich würde der Bluse gerne eine zweite Chance geben, aber momentan habe ich keine Lust dazu.
Jetzt kommt ein Highlight: das Hemd ohne Kragen mit verdeckter Knopfleiste. Dafür habe ich einen alten, banal karierten, aber sehr qualitätvollen Baumwollstoff verwendet. So einen Stoff würde ich nie kaufen. Ich fahre immer auf die ausgefallenen Muster ab, leider. Jedenfalls fand ich, es wäre genau der richtige Stoff für dieses vielversprechende Hemdenmodell. Da ich in letzter Zeit einige Blusen vorne fast zu eng zugeschnitten hatte, ließ ich sicherheitshalber etwas mehr Stoff an den beiden Vorderkanten dran. Das war günstig – ich bemerkte es nur erst bewusst bei meinem zweiten Hemd.
Also: der Schnitt ist locker und großzügig geschnitten, zu eng kann das Hemd gar nicht werden. Aber in den Schnitten sind sämtliche Nahtzugaben enthalten. Möchte man also, wie vorgesehen, eine verdeckte Knopfleiste nähen, hat man am rechten Vorderteil zu wenig Stoff, 3 cm zu wenig. Das ist mir erst beim zweiten, dem großkarierten Hemd aufgefallen, darum erhielt es auch eine sichtbare, neu angesetzte Knopfleiste – die gerade ein wenig zu schmal ist. Die diagonale gestreifte Knopfleiste passt allerdings recht gut um das große Muster des Leinens zu gliedern.




Bei der Rubrik Jacken und Mantel findet sich eine ärmellose, wendbare Weste, vorne sehr lang, hinten apart geschwungen. Außen wäre dann ein einfärbiger Stoff und innen könnte ich einen meiner vielen aufregenden Musterstoffe unterbringen, dachte ich. Tagelang habe ich Stoffe hin und hergeräumt, zueinander gelegt, begutachtet, geplant …
Letztlich entschied ich mich für Anna’s zurückgelassenes Kunstleder als Außenseite (davon gibt es eine Menge!) und einen wirklich wilden alten Satinstoff für innen. Da ich noch gar nicht wusste, ob ich mit dem Leder zurechtkomme oder mit dem Schnitt war ich auf Nummer sicher gegangen. Das Kunstleder ließ sich überraschend gut nähen, blieb schön in Form und auch das Verstürzen und Bügeln verlief ohne Probleme. Nur, ich gebe es zu, das Futter außen kann ich mir im Moment nicht vorstellen. Das heißt, ich wollte eigens einen farblich passenden Stoff zu einem Hemd vernähen, aber ich habe ihn verwaschen!



Fazit: Nähen kann sehr abenteuerlich sein. Aber ich weiß jetzt schon, dass die Hemden zu Lieblingsstücken werden, einfach weil sie so gemütlich sind.
Buch: Skandinavische Mode selbst genäht von Annabel Belinan, 2016 im Stiebner Verlag erschienen, zahlreiche Fotos und Zeichnungen, Softcover, zwei Schnittbögen, 95 Seiten, Softcover, Format 19 cm x 25,5 cm, ISBN 978 3 8307 0963 3
Weitere Modelle aus dem Buch in Teil 1 und Teil 3 (noch nicht veröffentlicht).
Stoffe: Bis auf den Nikisamt (gekauft bei myTex) ist alles aus meinem und anderen Schränken …