Unsere Bäche sind nicht grün oder blau so wie in den Alpen, sondern braun – nicht weil das Wasser so schmutzig ist – sondern wegen dem Gestein. Es enthält Eisen. Was im tiefen Wasser fast schwarz wirkt, schimmert am Ufer Rehbraun, Ockerfarben und Rosa: Die Kiesel, der Sand. Und sie leuchten in den schönsten Mustern und Farben, gestreift, getüpfelt, bald hellgrau oder fast schwarz, sodass man immer wieder versucht ist, besonders schöne Steine aufzuheben. Ich hab immer schon gerne Steine nach mit nach Hause gebracht. Einmal hatte ich als Kind soviele in meine Hosentaschen gesteckt, dass ich am Heimweg die Hose festhalten musste, damit sie nicht hinunter rutscht.
Da gab es dann schon einige ganz besonders schöne Stücke von bemerkenswerter Form oder einer meiner größten Schätze, ein in die Hälfte gebrochener grau und mit breiten Streifen von Katzengold durchzogen. Ich kam mir vor wie der größte Goldgräber. Diesen eine besondere Stein habe ich leider verloren, aber irgendwie hoffe ich immer noch auf so einen geheimnisvollen Schatz. Ähnlich geht es mir mit Muscheln, und nicht nur mir, auch von den Kindern und meinem Mann haben wir noch Schachteln voller Schätze des Meeres.
In den, von mir für dieses Projekt gewählten Stoffen aus Indien, von Karlotta Pink, mit ihren zarten Farbschattierungen, steckt für mich viel von dieser stillen Schönheit. Irgendwie sind wir alle ja ständig umgeben und schon ein bisschen blind von unserer leuchtenden, blinkenden Welt, optische Reize überall. Eines will das Andere übertrumpfen, ich nehme mich da selber nicht aus.
Ist es nicht reizvoll wie schön sich Ocker, Weiß und Schwarz zusammenfügen – in der einfachsten Webart, der Leinenbindung – und es wirkt wunderbar ästhetisch. So ein ruhiges Material will sorgsam verarbeitet werden, deshalb entschied ich mich wieder für das fast verschnittlose Nähen aus geraden Teilen.
Meine Bluse ist wie eine traditionelle, österreichische Dirndlbluse konstruiert, der einfachsten Variante übrigens : Die kurzärmelige Bluse mit angeschnittenem Ärmel und „Irxenkern“ (das bezeichnet das eingesetzte Quadrat unter der Achsel, es gibt bei relativ engem Ärmel die nötige Bewegungsfreiheit, mehr geläufig unter Zwickel). Alle Trachtenblusen sind aus ungefärbten Leinen oder Baumwolle. Mein Modell ist mehrfärbig, so wie meine Inspiration: Muscheln und Steine. Ich hab lang herumgetüftelt, wie ich den Stoff am besten ausnutzen und meine Ideen umsetzen könnte. Ich wollte nämlich unbedingt hinten diese wellenartig abgesteppten Biesen unterbringen. Inspiriert wurde ich dazu von Giannagelis Buch Couture-Kniffe. Dazu benötigte ich in etwa zusätzliche 10 cm, dadurch wurden die Ärmel kürzer… Wie breit sollten die Streifen sein? Wie lang kann ich die Bluse machen? Die Materialmenge habe ich selber bestimmt, aber wissentlich sehr knapp kalkuliert.
Wenn man die Maße hat, geht es dann schnell. Die Bluse wird aus einem Stück ohne Schulternähte geschnitten , wie das Schema zeigt.
Zuschnitt: Die Bluse wird über die ganze Stoffbreite bzw Länge zugeschnitten, als Orientierungsmaß gilt (für das halbe Vorder- bzw. Rückenteil) 1/4 Oberweite + 2 cm. Ärmelweite ist die locker gemessene Oberarmweite. Weitere Details zum Halsauschnitt und anderen Maßen findet ihr im Artikel blaue Blusen. Ich habe zuerst den gelben Teil genäht und erst am Schluss die Streifen angefügt. Kritische Geister werden jetzt sagen: Da gibt es schnell Probleme mit der Seitennaht. Stimmt, die Seitennähte liegen nicht immer korrekt übereinander, aber man sieht es nicht und ich konnte so am besten den Stoff ausnutzen.
Zur Herstellung der wellenförmigen Biesen: Sie sind hier 7 mm breit und genauso weit voneinander entfernt (es könnte natürlich auch 1cm oder breiter sein, wichtig ist nur, dass auch der Abstand gleich ist). So kann man sie schön wellenartig mal in die eine, dann in die andere Richtung mit der Maschine und sehr gut passendem Faden umsteppen, so erreicht man das wellenförmige Muster. Ich habe mit der Mittleren begonnen und dann in beide Richtungen gearbeitet, das erspart kompliziertes Ausmessen. Das Bügeleisen ist hier ein wichtiger Helfer und liefert die nötigen Orientierungslinien. Meine Biesen sind übrigens nicht vollkommen gleich – das tut dem Reiz des Musters aber keinen Abbruch. Wie oft man abnäht entscheidet man nach Geschmack und ebenso wie weit die fixierenden Quernähte voneinander entfernt sind, z.B. alle 4 cm oder 6 cm oder mehr, nur ein gewisser Mindestabstand ergibt sich durch die Umfaltung – einfach ausprobieren!
Es war eigentlich nicht schwierig und ich bin entzückt davon (der nächste Stoff wartet schon).
Auf der obigen Zeichnung sieht man die aufgeklappte Bluse. Jetzt werden die Ärmel- und Seitennähte von außen nach innen geschlossen bis auf 8 cm (jeweils unter dem Arm) bei einer Nahtbreite von 1 cm.
Der Irxenkern wird als ein 10 x 10 cm großes Quadrat zugeschnitten.
Das Einsetzten des Irxenkerns: Das Quadrat zuerst mit Zickzackstich versäubern. Lege jetzt rechts auf rechts die offengelassene Seitennaht und eine Seite des Quadrats Kante an Kante und steppe auf der Blusenseite bis zur Diagonale. Lass die Maschine dort stecken, schneide bis zur Nadel ein und zieh die Ärmelnaht und die zweite Seite des Irxenkerns flach zurecht, damit auch diese Seite fadengerade gesteppt werden kann. Die Nahtbreite beträgt 1cm, jeder Nahtbeginn sollte durch öfteres Hin- und Hernähen gut gesichert werden. Die 3. und 4. Seite genauso nähen.
Klingt kompliziert? Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört.
Durch die ca. 10cm für Falten im Rücken gewinnt man genug für die Knopfleiste. Die Knöpfe sind farblich abgestimmt, aus meinem Bestand und verschieden daher.
Da der Stoff etwas knapp wurde – und ich irrtümlich einen Streifen durchgeschnitten hatte – (den ich dann wieder flicken musste) sind die Säume andersfarbig verstürzt. Dadurch ergibt sich – im Nachhinein betrachtet – eine zusätzliche gestalterische und optische Bereicherung.
Der Kragen ist ein gerader Stoffstreifen.
Verlinkt zu Montagsfreuden, Create in Austria und So mach ich das.
Handloom Rhapsody Blogtour Plan
24. September 2017 Selmin von Tweed & Greet
25. September 2017 Lisa von Ella & Doris von Langes Fädchen, Faules Mädchen
26. September 2017 Tanja von Tillit & Dominic von Kreamino
27. September 2017 Julia von Fine Fabric und Sabine mit ihrem Beitrag zur einem 20er Jahre Vintagekleid
28. September 2017 Franziska von Brennesselein
29. September 2017 Tamara von die Grinsekatze & Jenny von Buxsen
30. September 2017 Gemeinsam mit Maira von Selbstgenähtes von Mairao
1. Oktober 2017 Patricia von Josephîn Theres
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Fazit: Einfacher Schnitt, schönes Material, tolle Wirkung, passt gut zu an der Taille eng sitzenden Röcken und Hosen
Stoff: Handloom von Karlotta Pink für diese Projekt unentgeltlich zur Verfügung gestellt
Projekt für später merken:
Sehr schön! Und wie letztens schon geschrieben, bewundere ich eure Schemaschnitte, muss ich vielleicht auch mal ausprobieren? Und jetzt geh ich Irxenkern googeln, diese Wort lese ich jetzt zum ersten Mal :-)
Danke für die tolle Inspiration!
Liebe Grüsse, Franzisca
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Meine Tochter hat mir auch gleich erklärt , ich soll mich anders ausdrücken , aber bei den ganz strengen, ganz tiefen, echten..( alles natürlich relativ, wer weiß schon was echt ist) Trachtenfreaks sagt man halt so bei uns, außerdem find ich den Ausdruck lustig l.G. Silvia
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Wunderschön! Die Stoffe sind ja echt ein Traum – ganz besonders in dieser Farbkombination. Und die raffinierten Biesen hinten finde ich einfach genial..
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Freut mich, auf die Biesen bin ich momentan auch ganz verschossen l.G. Silva
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Die Bluse, die Stoffe – wunderschön. Die Biesen sind wirklich toll und du hast wunderbar erklärt, wie sie funktionieren!
Lg
Julia
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Finde euren Blog super!
Alles gute dem „Dreimäderl“ Projekt!
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Dankeschön! =)
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Ich finde die Bluse wunderbar geradlinig, edel und unaufgeregt, einfach großartig! Danke auch für die ausführliche Erklärung! (Und ich freu mich gerade sehr, dass ich Euren schönen Blog entdeckt habe.) lg, Gabi
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