Es gibt schon länger einige Wollfeste in der Schweiz, interessanterweise aber alle eher dezentral gelegen. Zum Beispiel das Swiss Yarn Festival in Zweideln Glattfelden und das Schaffhauser Wollfest und MySwissMailles in der französischen Schweiz. Dieses Jahr gab es am Wochenende vom 8.&9. November zum ersten Mal in Zürich ein Wollfest, das Knitfest. Den beiden Organisatorinnen war es ein Anliegen, dass es nicht nur um den Konsum von Wolle geht, sondern auch das Drumherum, die Community nicht zu kurz kommt. Schon bei meinem ersten Besuch beim Swiss Yarn Festival fand ich es sehr schade, dass es keine guten Möglichkeiten gibt, sich mal gemütlich hinzusetzen, eine Pause einzulegen vom Getümmel, vielleicht ein bisschen zu stricken/häkeln, zu plaudern. Die Neugierde war also gross, wie würde es sein, was erwartet einem…
Als die Kurse vorgestellt wurden, habe ich mich sehr gefreut zu sehen, dass zwei Designerinnen (Honsedesign und Nomadstitches) dabei waren, die ganz klar für Häkelarbeiten bekannt sind. Und ich hatte mir auch den Kurs „Finishing your Crochet Garment’s“ gebucht, augenscheinlich war das Interesse nicht so hoch und auf Wunsch der Organisation hat Honsedesign das Thema auf „Crochet Christmas Ornaments“ geändert. Zuerst war ich mässig begeistert, als ich über die Änderung informiert wurde (ich hätte umbuchen können), aber im Bild zum Kurs gab es einen Miniatursweater und den wollte ich unbedingt häkeln.
Da der Eintritt nicht sonderlich günstig war (69 CHF für das ganze Wochenende) war natürlich die Erwartungen an das, was geboten wird, hoch und ich denke am Ende der Preis war gerechtfertigt.

Tag 1 Samstag
Outfit: Nordic Hugs Jumper von Kerry Jaxne Designs, Komplimente zum Sweater: vier
Am Samstag reiste ich mit einer Freundin, die auch häkelt, nach Zürich. Vor Ort liefen wir zwei Frauen mit Strickzeug nach, die würden sicher auch zum Knitfest gehen. Nein, es war die falsche Richtung. Es war scheusslich kalt, so ging es schnellstmöglich in die richtige Richtung, immer mit kritischen Blick: Trägt wer Strick? Sind die auch auf dem Weg zum Knitfest?
Der Einlass ging angenehm schnell, gleich der erste Eindruck beim Reinkommen ist pinke Beleuchtung, modern und dunkel (typisch Veranstaltunslocation, schwarze Vorhänge). Es gab im Vorfeld KI generierte Bilder von der Idee fürs Knitfest, diese waren sehr lichtdurchfluter, hell mit pinken Möbeln. Mehr Stimmung als gute Beleuchtung, noch ahnten wir nicht, das es nur diese schummrige Beleuchtung geben würde. Eine Freundin, meiner Begleitung stiess noch zu uns, wir lernten uns kennen und im Laufe des Tages wurde klar, der Vibe passt wunderbar und es wird zu dritt gemeinsame kreative Zeit geben.
Das erste Ziel, auf meinem Wunsch, war die Bühne, ich wollte den Vortrag von Honsedesign sehen. (Es wird übrigens Hunse ausgesprochen) Vor der Bühne gab es lange Tischreihen, perfekt zum Hinsetzen, etwas essen, Pause machen oder Stricken, theoretisch, mir persönlich war das Licht zu dunkel und zu pink. Ein wiederkehrendes Thema. Ich hatte mir zwar am Vorabend noch ein kleines Projekt zum Mitnehmen gestartet, aber in Kombination aus dem Licht, meiner lila merlierten Wolle und einem neuen Häkelmuster, lies ich mein Projekt lieber in der Tasche. Es gab auch noch verschiedene Lounges, die Quiet Lounge, die Innocent Lounge (kostenlose Smoothies gesponsert von Innocent und es wurde dazu eingeladen Mützchen für ein caritatives Projekt in Zusammenarbeit mit Pro Senectute zu stricken, es wurde auch Wolle und Nadeln zur Verfügung gestellt) und die Coffee Lounge (da gab es oft Schlangen beim Barista). Die Beleuchtung, ihr ahnt es, sehr pink.

Wie anstrengend das ist, wurde uns erst klar, als wir Mittags die Location verliessen und einfach nur draussen im Tageslicht standen und alle einmal tief durchatmeten.
Aber zurück zum Vortrag von Honsedesign, dieser war toll und es wurde deutlich, dass sie nicht zum ersten Mal auf einer Bühne steht. Später habe ich von ihr erfahren, es war das erste Mal, dass sie den Vortrag auf Englisch gehalten hat und vorab doch nervös war. Im Laufe des Tages gab es auf der Bühne noch andere Vorträge, sowie eine Krimilesung und zum Abschluss des Tages eine Runde mit diversen Strick-Influencerinnen und YouTuberinnen (kannte ich als Nicht-Strickerin alle nicht).
In einer der Glasboxen im ersten Stock gab es noch Meet Greets mit anderen Strickdesignerinnen, die man als Strickerin kennen könnte. Ich bin eindeutig in einer anderen Bubble unterwegs und kannte niemand davon.
Und natürlich stürzten wir uns ins Getümmel an den Wollständen, jede von uns dreien mit einem anderen Fokus. Ich hatte mir für fünf verschiedene Projekte genau notiert wie viele Meter und welches Gewicht es sein sollte. Ziemlich schnell kaufte ich mir dann auch meine ersten vier Stränge, ein Ocker-Kurkuma Farbton in DK, Alma von Laneras. Ich mag einfach die leichte Meliertheit der Wolle und habe schon einige ihrer dünneren Fingering/Sportweight Stränge.
Und natürlich mussten wir die ausgestellten Häkel- und Strickpullis, ich insbesonders die Häkelpullis, von Honsedesign und Nomadstitches betätscheln. Wann sonst hat man die Möglichkeit direkt das Originalmodell des Designers zu bewundern und zu gucken, wie fühlt es sich in echt an. Diese waren wenig elegant diebstahlsicher verkabelt, es ist schade, dass Sorge besteht, dass jemand eines der Modelle klauen würde. Alle Modelle hatten auch einen Zettel mit allen Infos, allerdings nur auf Kopierpapier gedruckt, so sahen die sehr schnell sehr mitgenommen und schmuddelig aus. Ein bisschen festerer Fotokarton oder das Papier auf Pappe aufgezogen, hätte das Ganze gleich besser aussehen lassen.





Tag 2 Sonntag
Outfit: Neo Matriach von Honsedesign aus Glam von Lang Yarns, Komplimente: eins, Wolle wurde am Lang Yarns Stand erkannt und natülich passend zum Honsedesign Kurs gewählt.
Sonntag ging es erneut Richtung Zürich Oerlikon, dieses mal in Begleitung von Megan. Der grobe Plan, Wolle am Vormittag, Kurs am Nachmittag, insbesonders der Wolfwollestand (Gli Occhi del Lupo, aus Italien mit Wolfslogo) als einziger Stand hatten die nicht nur Mohair Seide, sondern auch Alpaka Seide (so weich, da ist Mohair richtig piksig im Vergleich) und auch schöne Färbungen . Ich wollte nämlich unbedingt ein bisschen Flausch für den Something Something Raglan von Honsedesign. Ich hatte mir am Vortrag ein paar potentielle Stränge fotografiert, zum noch ein bisschen drüber Nachdenken und am nächsten Tag dann eventuell kaufen.
Netterweise war in der Früh noch überraschend wenig Gedränge, so konnten wir entspannt kreuz und quer von Stand zu Stand. Bei Lang hatten wir verschiedene Wolle testgestrickt, unter anderem rosa Flausch und Pailletten, ein Traum. Um dann schlussendlich fast komplett beim Wolfswollestand das Budget zu investieren. Noch ein kurzer Abstecher in die Innocent Lounge, dann traffen wir uns zum Mittagessen mit einer Freundin von Megan. Sie hatte schon zwei Kurse besucht und berichtete, dass auch in den Kursräumen, dass Licht sehr schummrig ist. Am zweiten Tag wurde schon etwas nachgebessert, aber wie ich dann in meinem Kurs festgestellt habe, noch immer nicht sonderlich gut ausgeleuchtet. Da hab ich in meiner Küche deutlich besseres Licht und ich habe jetzt nicht sonderlich viel Beleuchtung installiert. Aber anscheinend war von Seiten der Location spontan nicht mehr Licht möglich. Wo ich mich frage, was für Veranstaltungen da sonst in den Glasboxen so stattfinden, jedenfalls nichts wo gutes Arbeitslicht notwendig ist.

Ich glaube, wenn es einen Stand mit so Nackenlampen zum um den Hals legen oder Stirnlampen gegeben hätte, da hätten die Lampen reissend Absatz gefunden. Rückblickend habe ich tatsächlich nur an jenen Ständen Wolle erworben, die ein wenig Tageslicht hatten, an einer der Hallenseite gab es ein bisschen Tageslicht und auf der anderen Seite war es einfach schummrig mit Kunstlicht. Eine nette Atmosphäre, aber schrecklich, um die Farben gut zu erkennen. Ich habe mir schon das eine oder andere Mal die Finger verbrannt, mit bei schlechtem Licht gekaufter Wolle, auch in vielen Läden ist das Licht nicht perfekt. Da gab es schon ein paar unerwartete Überraschungen. Im Gespräch mit einer Standbetreiberin, erzählt mir diese, dass sie zuerst dachte, dass ihr Platz nicht der beste sei, aber dank der Fenster mit nicht komplett zugezogenen Vorhängen, hatte sie doch sehr Glück gehabt. Licht und Lichttemperatur können so viel veränderen. Vereinzelt gibt es in besseren Möbelläden, die Option Musterstücke von Möbelstoffen in einer Box unter unterschiedlichen Lichtern zu betrachten. Das wäre doch was für solche Events.
Der Abschluss vom Knitfest von Megan und mir bildeten ein Workshop, sie besuchte Fair Isle Farbkonzepte und ich den eingangs schon erwähnten Crochet Christmas Ornaments Kurs.
Moa Blomquist (Honsedesign) war eine wunderbare Kursleiterin und sehr sympathisch. Hatte mich mit meinem Pullover auch sofort erkannt. Sie händelte auch Sonderwünsche und nicht vorhandene Kenntnisse der englischen Häkelbegriffe mit Bravour. (Es war bei den Workshops vermerkt, ob der Kurs auf Englisch oder Deutsch geführt wird.) Lang Yarns hatte Wolle für den Kurs zur Verfügung gestellt und so konnten wir (die drei Kursteilnehmerinnen) in Weihnachtsfarben, Glitter und Flausch schwelgen. Wir häkelten eine Weihnachtskugeln und begannen mit dem Sweater und kamen tatsächlich bis fast zu den Ärmeln. Es war Honsedesign wichtig, dass wir den Raglan gemeinsam häkelten. Ich denke, ich werde auch sehr vom Kurs profitieren, wenn ich wieder einen Pullover in Gross häkle. Es hat ungemein Spass gemacht einen Miniatursweater zu häkeln. Ich fürchte meine ganze Familie und Freunde werden zu Weihnachten mit einem Miniatur Häkelsweater beschenkt. Noch am selben Abend habe ich meinen Sweater vollendet und eine Schachtel voll mit Resten für noch mehr Sweater vollgepackt. Zudem wurden wir auch noch mit Material versorgt, um daheim noch weitere Kugeln und Pullis zu häkeln.

Am Knitfest waren ein Kamerateam und Fotografen unterwegs und ich wurde im Kurs gefilmt und es gab ein kleines Interview, was ich da so mache. Ich hoffe es wird nur ein Mini Ausschnitt verwendet, ich habe das Gefühl, ich habe meine Menge Unsinn geredet und mein Gehäkel mit dem widerspenstigen Glittergarn sah vermutlich sehr unbeholfen aus.
Auch wenn die Beleuchtung, die zwar stylish aussah, aber sehr dunkel und auch anstrengend für die Augen war, das Vergnügen (Honsedesign und die schöne Flauschwolle waren definitiv ein Highlight) getrübt hat, so hoffe ich doch, dass es ein kein einmaliger Anlass bleibt. Vielleicht beim nächsten Mal mit besseren Licht und vielleicht auch etwas mehr Beschilderung, bezüglich der verschiedenen Angebote im ersten Stock oder einfach mehr Pläne, wo was zu finden ist.
Oh und ich habe zu meiner Freude sechs wunderschöne Häkelpullis gesehen und sehr viele Strickpullis!