Ein Wunderwerk zwischen Mondrian und Klee -eine Patchworkdecke

Ich will mich gar nicht erst mit fremden Federn schmücken: diese Decke hat meine- mittlerweile 83jährige- Mutter vor (vielleicht 10?) Jahren genäht und nie vollendet. Bei einem zaghaften Versuch bei ihren Materialien, Handarbeiten und Schätzen aufzuräumen kam die unfertige Decke zum Vorschein. Solche Sachen bekomme meistens ich geschenkt, mit der vagen Idee die Sachen zu verwenden, fertigzustellen oder auch wegzuwerfen. Einmal hat sie mir eine sehr schöne gestrickte Decke, ebenfalls bis auf den Randabschluss fast fertig, gegeben, aber das Ding war nicht mehr zu retten. Ich habe sie gewaschen und dann zeigte sich: Motten hatten sie vollkommen zerfressen…Die Decke war aber auch schon mindestens 45 Jahre unvollendet herumgelegen irgendwo zwischen anderen Dingen für den Fall, dass sie wieder einmal Zeit und Lust hätte sie fertigzustellen. Soviel zu Handarbeiten an denen man die Freude verliert. Vielleicht sollte man doch schon etwas früher entscheiden, was damit geschehen soll. Patchwork ist eine Technik die meine Mutter erst später für sich entdeckt hat. Sie näht perfekt und hatte auch genügend Geduld kleinste Teile aneinder zu fügen. Beim Zuschnitt war meist mein Vater beteiligt. Das gehört mittlerweile allerdings der Vergangenheit an, meine Mutter näht nur mehr ab und zu, und dann meist kleine Dinge wie Täschchen oder Beutel.

Der geometrische Aufbau der Decke ließ mich an die Arbeiten des niederländischen Malers Piet Mondrian (1872-1944) denken. Auf der Suche nach ausgewogenen Beziehungen der Elemente im Bild reduzierte er diese auf rechteckige Flächen und klare, senkrechte und waagrechte Linien. In seinen späten Werken beschränkte er sich auf schwarze Linien, die die Leinwand in unterschiedlich große Rechtecke gliederten. Diese Flächen waren mit Weiß, Blau, Rot oder Gelb, also den Grundfarben gefüllt.

Paul Klee
Paul Klee

Die flimmernde Farbigkeit dagegen erinnerte mich an das Werk des Schweizer Malers und Zeichners Paul Klee (1879-1940). Von ihm gibt es eine Unzahl oft sehr kleiner Arbeiten mit zauberhaften subtilen Farben, häufig mit geometrischen Formen. Viele seiner Arbeiten sind in der Sammlung Rosengart in Luzern/ Schweiz zu bewundern.

Besonders schön finde ich die Farbigkeit der Decke. Sie hat eine wunderbare Atmosphäre. Die Stoff sind meist leicht in sich gemustert, was diesen besonderen Reiz ausmacht. Meine Mutter hat viele sehr schöne Handarbeiten gemacht, aber das mit der Farbe war immer Diskussionsstoff. Dabei sind die gewählten Farbzusammenstellungen doch großartig. Vielleicht brauchte sie das Gerede und Gejammere und „soll ich so oder so…“auch nur als Bestätigung. Ich weiß es nicht, aber es war- und ist – immer recht anstrengend. Augenblicklich liegt die Decke auf unserer Couch und wir erfreuen uns jeden Tag daran.

Die Decke ist 108cm x 154cm groß. Die kleinen Farbquadrate haben eine Seitenlänge von 5cm, woraus sich 20cm für die einzelnen Farbkombinationen mit jeweils 16 Quadraten ergeben. Die einzelen Blöcke besitzen fast alle unterschiedliche Farbkombinationen. Die blauen Streifen haben eine Breite von 2,5cm.

Diese Patchworkarbeit musste allerdings auch bei mir ein paar Wochen warten, bis ich Zeit fand sie fertigzustellen. Genaugenommen ging es nur mehr darum Rückseite und Patchwork zusammenzufügen und einen Rand zu machen. Natürlich wäre eine breitere Umrandung möglich gewesen. Ich habe mich für die einfachste Art entschieden. Die Decke ist nicht wattiert oder mit einem Vlies gefüllt. Als Zwischenlage dient ein anderer Baumwollstoff, der mir absolut nicht gefallen hatte. Ich versuche weitestgehend auf Kunststoffwattierungen zu verzichten und möchte nicht allzuviel neues kaufen.


Fazit: Tolle Farben, wunderschön gemacht und ein schönes Beispiel dafür wie großartig man mit simplen Quadraten gestalten kann. Leider bin ich selber nicht so ausdauernd mit kleinem Patchwork…


6 Gedanken zu “Ein Wunderwerk zwischen Mondrian und Klee -eine Patchworkdecke

  1. Ich finde es wunderbar, dass du die Decke fertig gestellt hast – und das deine Mutter weiterhin näht: das lässt doch hoffen, dass man wirklich noch viele Jahre mit diesem wunderbaren Hobby vor sich hat. So ein Mutter-Tochter-Werk bleibt euch hoffentlich lange erhalten … (vor mittlerweile Jahrzehnten habe ich im Studium mal meine Seminararbeit zu den Gartenbildern von Paul Klee geschrieben und dein Hinweis auf den Maler hat mich gerade wieder daran erinnert ….)

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    1. ich hoffe auch, dass wir lange freude dran haben werden. und ich wünschte mir, meine mutter würde noch mehr nähen. denn sie sagte selber immer, am glücklichsten bin ich bei der nähmaschine… liebe grüße silvia

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  2. Oh, wie wunderschön!! Ich gebe dir Recht, leicht gemusterter/melierter Stoff wirkt gleich nochmal schöner, irgendwie organischer, als rein einfarbig. Das fällt mir immer bei alten Teppichen auf, das leicht unregelmäßige von Naturfarben gibt dem Ganzen irgendwie mehr „Seele“. Ich kann leider auch nicht lange so akkurat arbeiten. Bei Kleidung ist das anders, man näht ja nicht wochenlang nur Paspeltaschen, da geht das dann schon ;-)

    Ich habe hier eine weiße Häkeldecke für ein Doppelbett, die meine Urgroßmutter meiner Großmutter zur Hochzeit gehäkelt hat. Sie hatte ursprünglich noch eine gehäkelte Spitzenumrandung. Als meine Großeltern aufgrund von gesundheitlichen Problemen dann in zwei verschiedenen Zimmern geschlafen haben, hat meine Oma die Decke AUSEINANDER GESCHNITTEN!!! Dann lagen die Teile bei meiner Mutter im Keller für Jahrzehnte, bis ich sie mitgenommen habe. Ich habe sie wieder zusammengesetzt, leider ist der Spitzenrand verschollen.

    Ich muss die Decke mal zeigen, wir haben allerdings keinen rechten Platz für sie, wo sie so richtig zur Geltung kommt.

    LG Anne

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    1. das hast du sehr schön formuliert mit dem begriff seele, das trifft es genau. und vielleicht zeigst du wirklich einmal die gerettete decke. ich bewundere solch große arbeiten aus großmutters zeiten sehr. schön gearbeitet, oft mit feinstem garn. einfach eine freude zum anschauen. liebe grüße silvia

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  3. Diese Decke finde ich wunderschön, und wie toll, dass du sie fertiggestellt hast! Deine Vergleiche zu Mondrian und Klee leuchten mir ein. Eine liebe Freundin hat einmal gemeint, als ich ihr Bilder von einer Patchwork-Ausstellung zeigte: „Das ist ja Kunst!“ Genau. Kunst, gemacht von ganz normalen Frauen, zuhause. Wie schön, dass du diesem Werk eine Ausstellungsfläche gibst. Liebe Grüße, Gabi

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