***Rezensionsexemplar unentgeltlich vom Verlag zur Verfügung gestellt***

Es ist ein sehr schönes Buch: Auf der Titelseite erkennt man dunkelblaue und naturfarbene Leinenstoffe als Hintergrund, darauf in Holz gefasste Broschen mit japanischen Stickmustern bestickt, innen blaues Vorsatzpapier, ein klares Layout, wunderschöne Fotos und jede Menge Stickmuster…Ganz genau geht es in dem Buch Japanische Muster sticken-Techniken, Projekte, 280 Vorlagen um zwei spezielle Sashiko-Techniken aus dem Norden Japans: Kogin und Hishizashi. Nach dem ersten Blick denkt man: Ist das nicht gewebt? Tasächlich ähnelt die Stickerei verblüffend manchen Webmustern. Entstanden sind diese Techniken eher aus der Not: An der Nordspitze der Insel Honshu gedieh keine Baumwolle, die von der einfachen bäuerlichen Bevölkerung getragenen Kleidungsstücke waren aus selbstangebauten Nessel und Hanf gewebt, beides Fasern, die nicht wärmen und leicht brechen. Die Lösung des Problems stellte dichte, großflächige Sashikostickerei dar.





In einer ausführlichen und mit schönen historischen Kleidungsstücken illustrierten Einleitung geht die Autorin Keiko Sakamoto auf die, zwar verwandten, trotzdem sehr regionaltypischen Mustergruppen ein. Der Grund liegt in der Geografie Japans: das Ou-Gebirge teilt die Nordspitze der Insel in eine östliche, dem Pazifik zugewandte, Region in der Edo-Zeit (1603-1868) Nambu genannte und das dem Atlantik zugewandte Tsugaru. Tsugaru war die wohlhabendere Gegend, hier konnte Reis angebaut werden, entsprechend entstanden akribisch ausgezählte, großflächige Stickereien. In Nambu dagegen wurden viele unterschiedliche Feldfrüchte angebaut und auch die Mustervorliebe, Dialekt und Kultur entwickelte sich anders. Das wird anhand von guten Vergleichsmustern anschaulich gezeigt.
Nach einer Vorstellung der benötigten Materialien: Stoff, Garn und passende Nadeln, kommt die eigentliche Einführung zur Sticktechnik. Beide Techniken werden gezählt, ähnlich wie bei uns der traditionelle Kreuzstich. Das einzelne Mustermotiv wird in Vorstichen gearbeitet. Dazu gibt es im Buch von Keiko Sakamoto eine Schritt für Schritt Anleitung. Natürlich habe ich mir die einmal ordentlich durchgelesen und gedacht: Was, nach jeder Reihe soll ich die Arbeit auf die Rückseite drehen und ito-koki ( das heißt in etwa: die Fadenenden ca 3mm herausziehen und den Stoff in den Diagonalen mehrfach dehnen) machen? Ist das nicht ein bißchen übertrieben? Aber, das hat sich bei meinen Versuchen gezeigt, da ist schon was dran am ito- koki. Naja, wird doch einen Grund haben, wenn eine Technik so über Hunderte von Jahren gelehrt wird, oder? Letztlich entsteht ein sehr schönes Einzelmotiv, das auch eine ansehnliche Rückseite besitzt. Man beginnt ein Motiv immer von der Mitte aus, wenn man die erste Reihe richtig gearbeitet hat, kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen. Es sind geometrische Motive und, das ist sehr hilfreich beim Arbeiten, bei Kogin-Motiven werden in einer Musterreihe immer eine ungerade Fadenanzahl bestickt oder freigelassen, bei Hishizashi um eine gerade. Daher sind Kogin-Motive eher quadratisch, die anderen länglich. Spannend und arbeitsintensiv wird es natürlich bei der Gestaltung der Flächenmuster.

Es gibt zwölf Projekte im Buch, allesamt sehr apart, dezent und elegant. Das erste Projekt ist das Lesezeichen. Damit habe ich auch begonnen, aber die Feinheit des Stoffbandes (ein Reststück aus der Spruchband-Ära) hat gewisse Tücken. Ich würde zum Beginn eher zu einem Einzelmotiv auf gröberem Grund raten. Bei Kogin und Hishizashi sollte der Stickfaden etwas dicker sein, als der Gewebefaden, das muss man testen. Mein erstes Lesezeichen habe ich mit einem Restfaden handgefärbter Wolle von Sabine versucht. Ich hatte da wo im Buch gelesen, mit Wolle entsteht eine schöne erhabene Struktur… Jedenfalls musste ich ein paarmal auftrennen und da wurde die Wolle recht flauschig und mein Licht war auch nicht so gut… Danach versuchte ich es mit 6fädigem Sticktwist auf demselben Grund, das war zuviel, vermutlich liegt das Ideal bei 4Fäden… Außerdem habe ich mich sogar einmal in der Reihe geirrt. Aber ausgehen muss man unbedingt von der Stärke der Gewebefäden. Da die Muster oft sieben oder neun Fäden umfassen, muss man bei der Musterauswahl bei groben Stoffen (z. B. Aidagewebe) aufpassen. Aber das Buch Japanisch sticken von Keiko Sakamoto bietet 280 Vorlagen, darunter jede Menge Einzelmotive, Muster für Bänder oder ganze Flächen und zudem raffinierte Ausarbeitungstechniken aus der traditionellen Kimonoschneiderei.



Fazit: Ein sehr schönes Buch, mir gefällt besonders die genaue Einführung zur Geschichte, ich mag es, wenn man über Entstehung und Hintergrund einer Technik etwas erfährt. Die strengen Motive sind zeitlos und lassen sich auch gut in unseren Lebensumraum integrieren. Die Sticktechnik hat etwas Meditatives, fordert Konzentration… Ein empfehlenswertes Buch für alle Sashikofreunde und Liebhaberinnen gezählter Sticktechniken. Die vielen Vorlagen aus der historischen Sammlung Nambu Tsuzure Hishizashi Moyosu von Chuzaburo Tanaka sind auch für alle, die gerne weben oder stricken interessant.
Buch: Japanische Muster sticken-Techniken, Projekte, 280 Vorlagen von Keiko Sakamoto, erschienen 2023 im Hauptverlag, fest gebunden, 180 Seiten, durchgehend Fotos und Illustrationen, Format 22cm x 26cm ISBN978-3-258-60277-6
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