Das Kunstmärchen „Die kleine Meerjungfrau“ ist das aktuelle Thema beim Nadelbrief-Jahr. Ich habe meinen Mann gefragt: „Was fällt dir zur Kleinen Meerjungfrau ein?“ Seine Antwort: „Na, Meerjungfrau eben.“ Meerjungfrau, Nixe, aber wie? Nachdem mich Sabine mit ihrer Sticksucht angesteckt hatte, blätterte ich in meinen Stickbüchern und fand dieses entzückende Motiv im Buch „Bäuerliche Stickereien aus der Winsener Elbmarsch“ von Eva Maria Leszner. Das ist so ein Buch, das schon jahrelang unbeachtet in meinem Buchregal steht. Unbeachtet heißt, ich weiß, dass es ein interessantes Buch ist, habe es aber immer nur flüchtig durchgeblättert. Das Buch befasst sich mit bunter Flachstickerei ausgeführt in Seide, kräftigen Farben und tollen Farbkombinationen: Rot, Resedagrün, Dunkelgrün, Himmelblau, Goldgelb…
Ich habe natürlich noch nie von der Winsener Elbmarsch gehört: Ein Marschland, südöstlich von Hamburg gelegen, im Norden von der Elbe begrenzt, im Süden von der Lüneburger Heide. Politisch gehörte das Gebiet seit 1235 zum Fürstentum Lüneburg, wirtschaftlich war es jedoch an Hamburg orientiert. Es ist erstaunlich, dass so ein kleines Gebiet eine eigenständige Stickkunst entwickelte. Bemerkenswert ist vor allem die Vielfarbigkeit. In deutschsprachigen Gebieten dominiert die einfarbige Stickerei, Rot zum Beispiel oder Blau oder Schwarz. Der Zeitraum in dem die farbigen Stickereien der Winsener Elbmarsch entstanden umfasst 150 Jahre (von 1721- 1843). Interessant ist auch, dass die Stickereien von professionellen Berufsstickerinnen ausgeführt wurden, im Gegensatz zum Kreuzstich, der von jungen Frauen und Mädchen selbst angefertigt wurde. Als Vorlagen dienten Musterbücher, die im späten 16. und 17. Jahrhundert in ganz Europa verbreitet waren. Verschiedenste Blumen, Nelken, Tulpen, Granatäpfel in endlosen Variationen dominieren die Stickereien, dazwischen finden sich kleine Vögel, Seejungfrauen und Doppeladler. Verziert wurden Prunkhandtücher, Tauftücher, Schultertücher, Männerhemden, Kissen, Mützen usw. Es kommt die ganze Palette an raffinierten Stickstichen zum Einsatz: Plattstich, Langettenstich, Stielstich, Kettenstich, Hexenstich, Netzfüllstich…
So anspruchsvoll ist meine Stickerei natürlich nicht. Ich habe das eine oder andere versucht, aber war dieser Aufgabe bei weitem nicht gewachsen… Entstanden ist ein Nadelbrief aus Jeansstoff (er passte mir am besten von der Farbe, Nordsee!), bestickt mit einem Meerweibchen. Mit der Farbauswahl hatte ich so meine Schwierigkeiten, dabei war mir das Buch „Farbpaletten entwerfen fürs Textildesign“ eine große Hilfe (es brachte Ordnung ins Chaos).
Fazit: Zur Berufsstickerin reichts nicht, aber der Wille steht fürs Werk. Dafür habe ich märchenhafte Fotos gemacht, übrigens auf welchem Märchen liegt denn mein Nadelbrief?
Buch: Bäuerliche Stickereien aus der Winsener Elbmarsch von Eva Maria Leszner, erschienen im Rosenheimer Verlag 1986, zahlreiche Foto und Illustrationen, 95 Seiten, Format 19,5cm x 23cm ISBN 3-475-52517-8
Mitnähaktion: Das große nahtlust Nadelbrief-Jahr 2019, Thema „Die kleine Meerjungfrau“ – unsere gesammelten Werke kannst Du unter dem Schlagwort „Nadelbrief“ finden
Liebe Silvia, ich bin begeistert – so interessante Einblicke wieder bei dir. Kaum jemand schafft den Spagat zwischen Nadelbriefarbeit und Lehren so gut wie du! DAs ist immer hochinteressant. Diese Gegend kannte ich auch nicht und hätte auch nie vermutet, dass sie so reich an eigener STickkunst war/ist. Super, dass du dich dem Thema angenommen hast und was für ein hübsches Meernixchen dabei herausgekommen ist! DAnke fürs Mitmachen, erneut, und für die feine Recherchearbeit dazu! LG. Susanne
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Mein Meernixchen ist etwas dick geraten und bei weitem nicht so elegant wie die Vorlage, aber schön ist, dass ich von diesem Buch und seinem Inhalt jetzt entschieden mehr kenne als bisher- und eine Gegend Deutschlands hat für mich ein individuelles Gesicht bekommen. Liebe Grüße Silvia
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Liebe Silvia, welch wunderschöne Meerjungfrau schwebt da durch die Jeans-Nordsee – und im Hintergrund die Bremer Stadtmusikanten., Da bist Du ja ganz im Norddeutschen Raum geblieben. Die Elbmarsch kenne ich zwar, aber dass sich dort eine eigene Stickkunst entwickelt hat – verblüffend, was Du alles recherchierst. Hier in unserer ländlichen, calvinistisch geprägten Gegend war Sticken eher selten: Monogramme auf Weißwäsche, aber nicht sehr viel mehr. Vermutlich mussten die Frauen draußen zu viel arbeiten, als dass sich da etwas hätte entwickeln können.
Liebe Grüße
Ines
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Jetzt wo du es sagst, merk ich es erst: die Bremer Stadtmusikanten sind tatsächlich sehr genau örtlich fixiert- und passend im Norden. Solch farbprächtige Üppigkeit in der Stickerei gab es hir bei uns auch nicht. Weißstickerei, Rot oder Schwarz auf weißem Grund sind typisch-was ich so weiß ()und das ist nicht sehr viel). Liebe Grüße Silvia
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Sehr schön ist Deine kleine Meerjungfrau geworden. Toll Deine Recherchen. Da lernt man ja immer einiges.
Vielen Dank.
Liebe Grüße
Monika
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Ich selber auch, darum mach ich es so gerne…Liebe Grüße Silvia
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Liebe Silvia,
toll ist es geworden, dein Meerjungfrauen-Briefchen. Und was heißt hier „Nicht so anspruchsvoll“ – so eine STickerei macht sich ja nicht von allein! Eine schöne Idee!
LG
CHristiane
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Von alleine macht sie sich nicht, aber so manche Stiche wollten noch nicht so recht, aber- ich habe gerade verschiedenes probiert- an Stichen- und weiß schon ein wenig mehr. Liebe Grüße Silvia
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Super schön! die Stickerei wirkt so harmonisch auf dem Jeans Stoff. Ich bin begeistert. Und dein gesamter Beitrag ist sehr inspirierend.
LG
Sylvia
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Ich habe ,wegen der Farben, einen zweiten Startversuch benötigt, aber jetzt passt es . Liebe Grüße Silvia
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Sehr hübsch ist deine Meerjungfrau-Stickerei geworden:))
LG
Kerstin
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Freut mich, dankew. Liebe Grüße silvia
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Lustig ..ich habe zwei Jahre in winsen gewohnt und habe dort damals einen Nähkurs gemacht .Bei Eva Maria ..zu dem Zeitpunkt war sie in der Winsener Trachtengruppe ,die eine eigene Tanzgruppe haben .Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Nordischer Trachten und jedes Dorf hier in der Ecke hat eine Eigenheit ,ob beimSchmuck,beim Tuch oder bei der Stickerei.
Die kleine Meerjungrau ist wirklich gut getroffen ,eine schöne Stickerei
LgG aus dem Harburg ,im Süden Hamburgs
Kerstin
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Ah, also endlich jemand, der das Lokalkolorit richtig kennt. Freut mich, ich weiß ja sehr wenig über deutsche Gegenden, nur dass das Land sehr groß ist und daher bestimmt sehr viele verschiedene Trachten und Traditionen mit spezifischen Eigenheiten hat. Liebe Grüße Silvia
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Echt interessant die bunte Stickerei… gerade hier in Tirol wurde im bäuerlichen Bereich praktisch nur rot verwendet… die Seejungfrau ist allerliebst, doch auf Jeans vermutlich nicht so leicht zu sticken… da hast du vermutlich nicht ganz durchgestochen?
LG Birgit
PS… ich werde für meinen Quilt weder auf Mondrian, Kandinsky oder sonst einen malenden Künstler zurückgreifen… zu mir passt entweder ein Vivaldi oder Gaudí … bin gespannt, was es wird.
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Der Jeans ist nicht allzu fest, mit einer spitzen Nadel ging das besser als erwartet. Zu deinem Quiltprojekt Vivaldi finde ich herrlich, na und Gaudi lässt mich gespannt sein, viel Spass! Liebe Grüße Silvia
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Die kleine Meerjungfrau auf Jeans schaut klasse aus,
Lg aus Wien
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Vielleicht sollte man öfter Jeans als Stickgrund ins Auge fassen, es ging besser als erwartet. Liebe Grüße Silvia
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Das Buch klingt spannend, und ich bin immer wieder fasziniert von der Fülle unterschiedlicher regionaler Stile. Super, dass Du das ausprobiert hast, dafür ist die Nadelbriefaktion unter anderem für mich da – auf so kleinem Raum übt sich’s gut! (PS: Drunter liegen die Bremer Stadtmusikanten! Die ja nicht Thema sein werden.) lg, Gabi
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Auf den ersten Blick wirkt es ein bißchen, naja „heimatkundlich traditionell“ , das Buch, aber bei den Motiven kann man schöne Entdeckungen machen. Liebe Grüße Silvia
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