Sterndeutungen • Stoffspielereien

Sterne4

Ich hatte mir fest vorgenommen auf meiner Fahrt in die Schweiz über das Thema Sterne nachzudenken. Eigens dazu mitgenommen hatte ich Notizbücher, Schreibzeug und was man so braucht. Ein ganzer Tag im Zug bietet einem eine Menge Möglichkeiten zum Sinnieren. Ich liebe das, es ist fast so gut wie ein schöner, langer Spaziergang mit unserem Hund. Einfach meine Zeit Gedanken nachzuhängen oder vielleicht eine Idee auszuspinnen oder um sich über ein Problem Klarheit zu verschaffen. Naja, ich geb zu auf dem Sofa bin ich auch immer sehr kreativ, nur sind meine Sofazeiten eher kurz und mit starker Konkurrenz von Herrn, Hund und Katzen …

Ich habe im Zug, nach einem feinen Frühstück, also entschlossen Heft und Stift gezückt und – es fiel mir nicht allzuviel ein. Es ging eher stockend voran und wenn, dann überhaupt nur Worte, Zitate, Sätze, kaum Bilder: zuerst einmal der Sternenhimmel, Sternschnuppe, Sterntaler, „Weißt du wieviel Sternlein stehen“, Fixstern, Sternbilder, Sterndeutung oder „einen Stern reissen“? Irgendwie hatte das Thema natürlich sehr viel weihnachtliches, Slogans wie „unter einem guten Stern“ kamen mir in den Sinn. Zwischendurch machte ich einige jämmerliche Skizzen von Sternen, keine wirklich einfallsreich, immer mit dem Gedanken: Wieviele Zacken hat ein Stern? Applizieren und/oder Sticken, das waren so die Techniken, auf die ich mich fokussieren wollte. Die Zugfahrt dauerte zwei Stunden länger als normal, aber leider hat das meine Phantasie auch nicht beflügelt.

Sterne der Stoff

Bei Sabine beschlossen wir erst einmal einen „faulen Tag“ zu machen und ich schlug vor doch endlich ein bisschen gemeinsam zu sticken. Nur so zum Spaß, ein wenig probieren, experimentieren – ich hatte schon noch die Sternlein im Sinn, aber was und wie, das war die Frage. Ich bat meine Tochter um ein paar Reststoffe, irgendein Nähabfall, Reste, die sie ganz bestimmt nicht mehr brauchen würde (es arbeitet sich am besten mit solch „freiem“ Material – für mich). Unter all den größeren und kleinen Stoffen waren auch Stückchen von Sabines grüner Bluse und obwohl ich niemals an einen gemusterten Stoff als Stickgrund gedacht hatte, auf diesem Stoff verborgen im Gewirr der Linien waren Sterne! Es war mindestens eine Vorlage, dachte ich. Mit der Arbeit ergaben sich reizvolle Möglichkeiten die Sterne hervorzuheben, mit verschiedenen Stickstichen deutlich sichtbar zu machen, Neues auszuprobieren. Kettenstich und Knopflochstich wirkten eher massiv und klobig. Der neue (im englischen Couching genannte) Stich (Legetechnik), bei dem ein mitgeführter stärkerer Faden von einem sehr Feinen fixiert wird, hat mir so gut gefallen, dass er gleich mehrmals zum Einsatz kam. Er ist leicht zu arbeiten, elegant und überaus effektvoll. Etwas kniffelig wegen der vielen Ecken und Zacken war der Mini-Hexenstich zu arbeiten. Mit dem Stielstich bin ich noch nicht wirklich auf du und du, obwohl er geradezu ein Klassiker für Konturen ist. Der Knötchenstich verwandelte den Stern beinahe in eine Blume, da so manche Knötchen aus der Reihe tanzten.

Farben, Stiche, Sterne, starke Sinnbilder im Guten wie im Bösen… Es war richtiggehend zum Süchtig werden und Versinken. Das schöne am Sticken ist dieses Eintauchen und innerlich zur Ruhe kommen. Es ist eine stille Arbeit, bei der man aber auch gemütlich plaudern und reden kann, wir haben es genossen.

Nachdem ich mein Stoffstückchen vollbestickt hatte, beschloss ich daraus eine Buchhülle zu nähen, für ein Notizbuch (das mir Sabine schenkte) und das mich jetzt hoffentlich mehr inspiriert. Grün sollte der größere, restliche Teil der Hülle werden. Ich habe einen winzig kleinen gemusterten Stoffstreifen als Rand und Abschluss der Stickerei angefügt und das Stoffstück in der Höhe ebenfalls entsprechend verlängert. Die Hülle ist gefüttert und mit der Hand zusammengenäht. Der Magnetverschlussriegel erhielt ein handgenähtes Knopfloch. Das Buch wirkt sehr edel und festlich.


Fazit: Ich bin am besten, wenn ich aus dem Material heraus arbeite, obwohl ich manchmal Gedankenskizzen mache. Sabine hat mir einige neue Stickstiche gezeigt. Mein neuer Liebling: der Knötchenstich. Die Sternform war in dieser Miniversion ab und zu eine Herausforderung.

Material: Stoffstück zum Besticken, hier: Baumwollprint von Karlotta Pink,  sechsfädiger Sticktwist (mit einer unterschiedlichen Anzahl an Fäden verarbeitet), Stoffreste

Und damit schließe ich mich allen anderen StoffspielerInnen bei Nähzimmerplaudereien an.


18 Gedanken zu “Sterndeutungen • Stoffspielereien

  1. Interessantes Thema, wobei ich immer noch über die Anzahl der Zacken nachdenke. Gesehen habe ich schon einige mit vier Zacken, die meisten haben fünf oder sechs, manche Klebemotive gibt es aber auch mit acht oder zwölf Zacken, und bei den Herrnhuter Sternen komme ich auf 25.

    Für die hübschen Stickereien finde ich aber die sechszackigen Sterne am besten geeignet.

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  2. Eine wunderbare Buchhülle und du hast Recht: Sie sieht sehr edel aus. Schön im Detail mit dem schmalen Band neben dem Stickereiteil. Mir gefällt auch die Vorgehensweise – sich von den Vorgaben des Stoffs inspirieren lassen.
    LG
    Siebensachen

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  3. Oh ist das schön!!! Festlich, aber nicht nur weihnachtlich, das Buch ist ganzjahrestauglich. Deine vielen unterschiedlichen Sterne sind eine wahrer Augenweide und so schön Ton in Ton. Dir viele gute Zeiten zum Gedankenmanchen und immer wieder gute kreative Stunden mit Sabine.
    Vielen herzlichen Dank fürs Mitmachen!
    Liebe Grüße
    Ines

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  4. Eine sehr schöne Stickerei und der Farben wegen nicht nur zur Weihnachtszeit zu gebrauchen. Auch die Zusammenstellung der Stoffe ergibt eine sehr stimmige Buchhülle.
    Liebe Grüße
    Annelies

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  5. Oh wie toll! Wenn das nicht die perfekte Hülle für ein kreatives Notizbuch ist. Richtiggehend tiefsinnig: Verborgenes im Tun entdecken, sich treiben lassen, Neues ausprobieren. Da kann man ja richtig philosophisch werden. Oder sich einfach an einer Hülle mit einer Geschichte freuen. LG Christiane

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  6. Das ist ja auch das Prinzip bei Alabama Chanin- um eine bestehende Form wird mit verschiedenen Stichen herum gearbeitet und man kann dabei herrlich die Gedanken fliegen lassen ohne sich zu viele Gedanken machen zu müssen. Natalie Chanin hat ja bei ihren Stücken das Couching perfektioniert.
    Ich mag aber auch deine Knötchen und das freie Improvisieren, das ist gerade als Ensemble sehr schön. Die gleiche Form schließt das Zusammenspiel. Clever!

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  7. Ich finde diese „Streusterne“ auf deiner Buchhülle einfach nur schön. Die verschiedenen Stiche und Anordnungen sind etwa Besonderes und du wirst sicher lange Zeit Freude an diesem Unikat haben.
    LG Mirella

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    1. Auf jeden Fall erkenne ich immer sofort dieses Notizbuch und erfreu mich daran, dann denke ich man sollte sich eigentlich nur mit schönen Dingen umgeben (in denen vielleicht auch ein bißchen besondere Zeit steckt). Liebe Grüße Silvia

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  8. Der erste Strich für eine Idee auf einem neuen Blatt Papier ist schwer, so war es wohl hier auch. Ist der Anfang erst gemacht dann wird es. Als Notizbuchumschlag finde ich Deine Stickerei sehr passend. Da denkst Du bestimmt gelegentlich an Deinen Weg der Ideenfindung zurück, eine Sternstunde …
    LG Ute

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