Maske & Luzerner Fasnacht 2018

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Ich bin zwar keine Einheimische, mag aber die Luzerner Fasnacht sehr. Ich verkleide mich sehr gerne und ich finde es schön, wie aktiv alle in der Fasnacht sind. In Österreich beschränkt sich der Fasching auf ein paar „Maskenbälle“ bzw. Partys mit Kostüm und eventuell Umzügen in größeren Städten -Traktoren mit Anhänger auf denen verkleidete Menschen stehen und am Strassenrand ein eher unbeteiligtes Publikum. Ja, und in den Geschäften und Supermärkten hat das Personal möglicherweise ein Kostüm an.

Ich habe mich ganz grundsätzlich vor meinem Umzug kaum über die Schweiz  informiert (es kam ja auch sehr plötzlich) – nun ja, mit den wichtigen Dinge wie Meldepflicht und Krankenversicherung muss man sich schon auseinandersetzen, aber sonst … Ich hatte also keine Ahnung was mich erwarten würde, und ich muss sagen, ich fand und finde die Freude der Menschen an der Fasnacht einfach toll. Nicht nur die Waggenbaugruppen, sondern auch der „normale“ Besucher auf der Fasnacht verkleidet sich. Nicht mit irgendeinem Kostüm aus dem Katalog. Es wird mit viel Hingabe und Leidenschaft an einem individuellen Sujet gebastelt – am Ende des Beitrags gibt es ein kleines Wörterbuch für alle Nicht-Schweizkenner. Klar gibt es weniger Motivierte und Teenies, die diese kitschigen, und zugegebenermaßen gemütlichen Plüschstrampler bevorzugen (Ich habe auch einen!). Aber ein Großteil der Leute kommt mit selbstgebastelten Grinden und Kostümen.

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Besonders süß sind immer die Familien, die ein Familiensujet haben und meist passend zum Sujet einen Leiterwagen gestalten, der alles Überlebensnotwendige für die Fasnacht und die Kinder beinhaltet und auch als Gefährt für die Kleinen genutzt wird, wenn diese müde sind.

Und nicht zu vergessen die Guuggenmusiken. Anfangs, als ich in die Schweiz kam, habe ich mich über Blasmusiken informiert. Ich habe mir gedacht, dass dies ein guter Weg sei Leute mit ähnlichen Interessen kennen zu lernen. Nur fand ich sehr, sehr wenige Blasmusiken und die wenigen hatten gleich einen höheren Anspruch, als ich von den vielen österreichischen Musikvereinen gewohnt war. Als ich dann in der Fasnacht war, war schnell klar, warum es so wenige Musikvereine gibt. Denn alle mehr oder weniger Musikbegabten sind in einer Guuggenmusik (es gibt natürlich auch noch andere Musikgenres und Szenen). Eine Guuggenmusik besteht aus Blechinstrumenten und Schlagzeug auf Rädern und das Ganze mit einem jährlich wechselnden Sujet. Ziel ist maximale Lautstärke und das Publikum mit diversen Musikhits zum Toben zu bringen. Speziell ist übrigens, dass das komplette Musikprogramm auswendig gespielt wird. Wetter, Licht und Grind sind ja auch nicht wirklich kompatibel mit Noten.

Nach meiner ersten Fasnacht stand fest, da muss ich mitmachen. Und nach meiner Recherche stellte ich auch fest, dass es in meiner Gegend sogar 4 Musiken gibt. Die Entscheidung wurde gefällt und dann war ich drei Jahre lang Teil einer Guuggenmusik und mit dieser an der Fasnacht unterwegs mit allen Höhen (legendäre Auftritte) und Tiefen (schlechtes Wetter und lange Wartezeiten). Um Teil der Musik zu sein habe ich sogar extra Posaune gelernt, denn Saxophon ist üblicherweise nicht (mehr) Bestandteil einer Guuggenmusik. Da gibt es nur Trompeten, Posaunen, nicht immer Tenorhöner (Hörner genannt, ich war sehr irritiert ein Horn ist für mich ein anderes Instrument) und Sousaphone. Dies war das erste Mal, dass ich ein Susi außerhalb eines amerikanischen Collegefilms gesehen hatte und diese Teile sind echt sehr, sehr schwer. Dazu gibt es den Schlag bestehen aus Pauke (große Trommel) und dem Schlagzeug auf Rädern.

Jedes Jahr wurde in einer Abstimmung ein neues Sujet gewählt und dann von jedem zuhause genäht mit einer Vorgabe wie es ungefähr aussehen sollte und gemeinsam eingekauftem Stoff. Zu diesem Zeitpunkt nähte ich noch nicht und so supertoll fand ich keines der Sujets, dass ich es unbedingt selber nähen wollte. Ich habe das Projekt an Mama weitergegeben und dann nur die finale Veredelung gemacht.

Da ich derzeit aber nicht aktiv bin, habe ich jetzt vor der Fasnacht immer die schwere Aufgabe mich für mein ganz persönliches Sujet zu entscheiden. Letztes Jahr war es mein Belle Epoche Kleid und dieses Jahr wollte ich zuerst etwas Folkloristisches nähen, entschied mich aber dann für eine Mumie. Kurz darauf kamen die Überraschungsstoffe von Karlotta Pink bei mir an, um damit eine Maske zu gestalten. Welche Stoffe ich bekommen würde, wusste ich ja nicht und darum habe ich mir auch vorher nicht wirklich Gedanken gemacht. Kaum hatte ich den Stoffbrief geöffnet – bestehend aus drei verschiedenen indischen Handlooms, grün gemustert, rot gemustert und grün, beige uni – wusste ich allerdings, dass ich etwas afrikanisch Inspiriertes gestalten wollte. Und als Fan von den Marvel Comicfilmen, fällt einem natürlich sofort Black Panther ein. Besonders die im Trailer vorkommende Maske vom Bösewicht Killmonger. Und die Maske/Grind sollte auch wie an der Luzerner Fasnacht üblich den ganzen Kopf umschließen – eine größere Aufgabe.

Knapp wie auch letztes Jahr, fing ich erst drei Wochen vor der Fasnacht mit meinem endlich feststehenden Sujet an. Ein Grind wird meist erst in Ton modelliert und dann mit Pappmache abgeformt. Diese Technik ist allerdings ziemlich aufwendig und auf Rumpatschen mit Ton hatte ich weder Zeit noch Lust. Die Grundstruktur der Maske habe ich dann mit Pappkarton über einem Fechthelm geformt. Die Hörner – ich liebe es Hörner zu basteln – habe ich nach einem bereits bewährten Prinzip separat ebenfalls aus Pappkarton und Heißklebepsitole gefertigt. Leider sind sie weniger symmetrisch geworden als geplant. Nur mehr die Hörner auf den Grind kleben und schon konnte ich mit dem abkleben mit Zeitungspapier und Kleister beginnen. Da diese gatschigen Arbeitsschritte nicht mein Fall sind, freute ich mich bereits aufs Bemalen und Beziehen mit dem Stoff.

Während der Grind ohne Drama entstand, war das Kleid ein ganz andere Thema. Ziemlich lange wusste ich nicht genau wie es ausschauen sollte. Mein dann geplantes Kleid aus Kunstleder wurde nicht so wie ich es mir vorgestellt hatte. Das Kunstleder hat mein Nähzimmer verpestet und ist jetzt in den Keller verbannt. Das Nähen selber war nicht so schlimm, es hat einfach nur schrecklich gestunken und optisch war das ganz auch nicht überzeugend.

So wurde der Rest meines Sujets am Abend vor der Fasnacht mit Mama aus vorhandenen alten Fasnachtkleidern, Pelzen und Stoffen zusammengestellt.

Weitere Maskenballteilnehmer: fine fabric, buxsenbrennnesselein, … Und die Stoffe (Überraschungspakete!) wurden uns von Karlotta Pink kostenlos zur Verfügung gestellt.

Verlinkt zum Creadienstag, HoT, DienstagsDinge & CreateInAustria.


Kleines Wörterbuch für Nicht-Schweizkenner:

  • Sujet: Das jeweilige Motto, Outfit einer Guuggemusik Gruppe. In der Vorfasnacht wird noch das alte getragen, ab dem Schmutzigen Donnerstag das Neue. Das Chleid besteht aus dem Gewand und einem Grind
  • Grinde: Vollmaske
  • Guuggenmusik: üblicherweise eine reine Blech Blasmusik, die ihr komplettes Programm auswendig zum besten gibt. Zwischen 20 und 70 Mitgliedern schwankend, bestehend aus Blech und Schlag
  • Gässle: Ziehen durch die Gassen
  • Holdrio: Hagebuttentee mit Schnaps
  • Kaffee/Tee Zwetschke: Tee oder Kaffee mit Zwetschkenschnaps, das Getränk sollte rein theoretisch so klar sein, dass man eine Zeitung durch das Glas lesen kann
  • Vereinigte: Dachverband der rund 80 Luzerner Guuggemusiken

Sehenswerte Programmpunkte vor und während der Fasnacht:

Das Programm rund um die Fasnacht startet nicht erst am Schmutzigen Donnerstag, sondern beginnt schon ab Sylvester mit diversen Festen von verschiedenen Guuggenmusiken organisiert. Neben den Festen gibt es auch ein, zwei Fixpunkte in der Vorfasnacht und einige Highlights während der Fasnacht:

  • Meistens am ersten Samstag nach dem Neujahr ist die Bahnhof-Guuggete Lozärn. Die zu einem bestimmten Thema von verschiedenen Guuggenmusiken gestalteten Sujets zu einem vorgegebenen Thema werden zuvor im Bahnhof Luzern bis zur Ende der Fasnacht montiert und bringen die Ankommenden gleich in die richtige Stimmung. An der Bahnhofguuggete treten beginnend ab 9:30 Guuggemusiken auf. (Mein erster Kontakt mit der Fasnacht.)
  • Guuggerbaum stellen beim Kornmarkt/Rathaus. Da wird am Abend vor dem Schmutzigen Donnerstag der Guuggerbaum am Rathausplatz aufgestellt. Vereinigten Mitglieder können ihre Fahnen oder gebastelten Sujets am Baum montieren, dieser trohnt während der Fasnacht über dem Rathausplatz und Rathausstiege.
  • Der Schmutzige Donnerstag beginnt schon frühmorgens mit der Ankunft der Fritschi Familie (diese kommte über den See per Boot) um auf dem Kapellplatz mit dem Urknall und dem Fötzeliräge um 5 offiziell die Fasnacht zu eröffnen und ab 14:00 findet der grosse Umzug durch Luzern statt.
  • Am Freitag und Samstag ist es ein wenig ruhiger in Luzern, aber am Samstag findet der Bassistenkongress statt, die ganzen Sousaphonisten und Bassisten sind dann so ab 16:00 auf der Rathaustreppe zu hören, geben ein Stück zum besten und ziehen dann weiter. Als Zuschauer hofft man stets, dass zufällig eine Musik auf der Treppe spielt und dann rasch flüchten muss, wenn die Bassisten die Treppe fluten.
  • Allgemein ist die Rathaustreppe der Punkt an dem eine Guuggenmusik während der Fasnacht mindestens einmal spielen möchte, wenn möglich spätabends vor tobenden Publikum, da wird auch einiges an Anstell- und Wartezeit hingenommen, während der halben Stunde die man dann auf der Treppe spielt, wird dann alles gegeben. Wenn also sonst nicht so viel los ist, an der Rathaustreppe findet immer etwas statt.
  • Sonntags finden dann die Umzüge und Feste in den umliegenden Gemeinden statt.
  • Es gibt auch an verschiedenen Plätzen aufgestellete Tribünen an denen die Musiken zu ihren vorgebenen Zeit spielen.
  • Am Güdismontag gibt es erneut einen Umzug durch die Stadt Luzern
  • Am Güdiszischtig findet dann ab 19:30 der Monstercorso statt. Die rund 80 Guuggenmusiken ziehen durch die Luzerner Altstadt, bei weniger berauschenden Wetter bietet es sich da sehr an diesen bei Tele1 online zu verfolgen.

Wer Lust hat sich einen Umzug oder einen Auftritt einer Guggenmusik anzuschauen dem ist ein Besuch bei Tele1 zu empfehlen, dort findet man alle Videos rund um die Luzerner Fasnacht.

Und sonst so … Es ist eigentlich immer etwas los, dort ein kleines Theater, da ein ausgefallene Maske, ein spontanes Konzert einer Guuggemusik oder eine Kleinformation spielt. Besuch absolut empfohlen!

Warten

 


11 Gedanken zu “Maske & Luzerner Fasnacht 2018

  1. Wow, so viele wundervolle Kostüme! Wirklich eine Augenweide … so aufwändig sind die Kostüme in meiner Heimat selten (auch wenn es eine kleine Karnevalshochburg im Münsterland (D) ist), aber da sind immerhin auch die Besucher kostümiert ;)
    Deine Maske ist ganz zauberhaft, da hat sich die Arbeit gelohnt! Wie aus Chihiros Reise ins Zauberland entsprungen :)

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    1. Das ist das schöne an der Luzerner Fasnacht jeder der nur ein bisschen Freude daran hat kostümiert sich und man sieht immer wieder Sujet wo man sich denkt, Wow darauf wäre ich nie gekommen.

      Stimmt, auch wenn die ursprüngliche Inspiration woanders war, das Ergebnis erinnert an den Film.
      Lg Sabine

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  2. Ganz super toll. Das alleine wäre ja eine Reise nach Luzern wert. Danke für diesen interessanten Bericht und die Bilder. Der Kröte Grind ist ein Wahnsinn.
    In Wien tut sich auf der Straße nichts mehr. Das Straßenbild hat sich die letzten Jahre leider sehr verändert.
    Lg aus Wien

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    1. Luzern während der Fasnacht ist absolut lohnenswert. Die Kröte ist auch eine meiner Favoriten.

      Aber auch in der Schweiz gibt es Städte wo gar keine Fasnacht existiert. Wenn man zum Beispiel mit Zug in Zürich ankommt sieht man gar nicht, dass Fasnacht existiert und kaum steigt man in Luzern aus liegen Konfetti auf dem Boden, man hört eine Guggenmusig und maskierte kreuzen den Weg.
      Lg Sabine

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  3. Wow, was für ein toller ausführlicher, informativer Post über die Fasnacht!!! Da kommt ja wirklich das Erstaunen & die Begeisterung rüber. Und die kann ich gut verstehen, auch wenn der rheinische Karneval, in den ich hineingewachsen bin, so ganz anders ausschaut. So einen Grind hätte ich auch gerne mal gemacht, aber hier kann man so nur beim Geisterzug mitgehen ( was ich auch schon gemacht habe ). Hier muss es freundlich und lustig sein. Aber Musik ist auch wichtig, allerdings noch mehr gesungene. Der Herr K. hat auch immer in der Bloos und Bumskapell Saxophon gespielt.
    Drei Mool „Kölle Alaaf“ für dich!
    Astrid

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    1. Ich finde es schön wie unterschiedlich Karneval/Fasnacht/Fasching sind, alleine in der Schweiz gibt es große Unterschiede zwischen Luzern, Basel, Einsiedeln als auch Schwyz.
      Bei meiner ersten Luzerner Fasnacht war ich auch total Überwältigt.
      Lg Sabine

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  4. Ah, wow, das ist natürlich was ganz Anderes! Die Fotos sind toll, die Kostüme fantastisch, auch und gerade auch Deines! Hier bei uns in Graz ignorieren 85% der Bevölkerung den Fasching und die die anderen stehen – wie Du schreibst – eher unbeteiligt am Straßenrand. lg, Gabi

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    1. Dankeschön, ich freue mich schon auf nächstes Jahr, da ich heuer gar nichts davon hatte. Ich brauche zwar nicht 5 Tage durchgehend Fasnacht, aber ein Wochenende ist gerade perfekt
      Lg Sabine

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