Das Pierrot Kleid

Pierrot

Was tun wenn man Vintagekleider liebt, irgendwie für die großen Nähpläne keine Zeit hat und trotzdem toll aus sehen will an Halloween? Man stöbert planlos im Internet nach etwas ganz anderem, wird inspiriert und näht dieses Kleid. Das wäre die Kurzfassung, wie dieses Kleid entstanden ist.

Ich liebe es mich zu verkleiden und so sind Fasnacht und Halloween immer ein Anlass für mich, mir ein tolles Kostüm zu überlegen. Während der Fasnacht war durch die Guggenmusik das Kostüm stets vorgegeben und so konnte ich mich nur an Halloween so richtig austoben. Von Kriegerengel mit riesigen Flügeln, Teufel mit eindrucksvollen Hörnern, Eisprinzessin (nicht Elsa!!) und Olga der etwas verpeilten Vampirin frisch aus dem Sarg war schon alles dabei. Bei mir ist es meist weniger eine Figur, die ich machen möchte, eher eine Idee was ich machen möchte. Hörner, Flügel oder einen üppig drapierter Rock.

Dieses Jahr hatte ich die Idee von einem drapierten Kleid in Rot mit einem richtig tiefem Ausschnitt und einem tollen Kopfschmuck. Tja, wie es so läuft: man macht etwas anderes und dann fehlt die Zeit dazu. Plan Nummer zwei wäre ein Zirkusartist mit schwarz/weiß gestreiftem Rock (Überbleibsel vom Dior Kleid) kombiniert mit einem roten oder schwarzen Oberteil und dazu einer Zirkusdirektor/Löwendompteurjacke. Nur die Jacken, die es zum kaufen gibt, haben mich nicht so überzeugt. Mir haben die Epauletten gefehlt und die Jacken waren auch viel zu groß. Und dass ich mir eine Jacke nähe, da fehlte einfach die Zeit. Minifrust. Und so hab ich diesen Plan auch wieder verworfen – zumindest für dieses Jahr.

Dann bin ich planlos quer durchs Internet und habe mir bei American Duchess Bilder vom Costume College angeschaut und ein tolles Erte Kleid gesehen (von diesem Designer hat meine Mama im Post über den Schemaschnitt a la Chinoiserie geschrieben). Ich fand dann bei ihr ein Pierrot Halloween Kostüm und war begeistert. Das musste ich nähen. Dann kam gleich die Frage mit welchem Schnitt? Selberbasteln? Oder wie es im Englischen so schön genannt wird Frankensteining von Schnitten. Und wie Anziehen mit Reißverschluss, Gummizug überall? Und der Stoff? Weißen Baumwollstoff habe ich genügend von Ikea, aber der ist nicht ganz blickdicht, doof. Mit ein bisschen weiterstöbern im Internet, habe ich dann Bilder von Pierrot und Pierrette bzw. Pierrot und Columbine (über die Geschichte der Figuren in der Pantomime und Commedia dell’arte möchte ich mich da jetzt nicht weiter auslassen) gefunden. Kurz gesagt, nicht Pierrot selber, sondern Pierrette die weibliche Version von Pierrot sollte es werden. Ich habe sogar Bilder von Kostümen von den beiden aus den 50er und 20ern gefunden oder eine Illustration.

Pierrot

Und so entwickelte sich schnell meine neue Kostümidee. Ein schlichtes weißes Kleid mit Faltenrock und dreiviertel Ärmel. Den schwarzen Gürtel habe ich vom Audrey Hepburn Kleid ausgeliehen. (hier gibts ein Tutorial dazu) An den Ärmelsäumen und Rocksaum ein schwarzes Schrägband und die schwarzen Tupfen, schwarze PomPoms, die man später wieder entfernen kann. Und extra zum Umlegen einen üppigen Kragen ebenfalls mit einem schwarzen Schrägbandsaum.

Da die Zeit ja begrenzt war und ich eigentlich etwas anderes nähen sollte, habe ich auf ein bereits verwendetes Schnittmuster zurückgegriffen, das gut passt. Nur die Ärmeln musste ich verlängern. Ich habe mich dann aber spontan, nachdem ich das Oberteil schon genäht hatte, umentschieden. Der Ausschnitt war mir zu groß, denn mindestens die Hälfte der Zeit befindet man sich bei der Halloween Party draußen an der frischen Luft. So habe ich zwei Tage davor einen neuen Schnitt abkopiert und genäht, wohl wissend, dass ich dann erneut anpassen muss. An den Abnähern, die ja öfters bei älteren Schnitten nicht ideal liegen musste ich netterweise nichts ändern. Geändert habe ich dafür die Seitennaht, diese wurde nach oben hin ca 1 cm enger und das Armloch habe ich vergrößert, denn das war mini. Die Optik des Kragen habe ich mir ehrlich gesagt etwas anders vorgestellt, mehr wie beim Original, aber dazu müsste der Kragen (im Original ein gerades Stoffstück) anders geschnitten sein. Details, für die ich nicht Zeit hatte. Ein Fehler ist mir aber während dem Nähen unterlaufen: ich hatte vergessen, dass aufgrund des hochgeschlossenen Ausschnitts der Reißverschluss in der hinteren Mitte sein muss und das Rückenteil im Stoffbruch zugeschnitten war. So wurde das Rückenteil 2 cm enger.

Der Rock wurde ein Faltenrock mit doppelten Kellerfalten, was einen üppigen knapp vier Meter Saum ergibt. Durch den vielen Stoff ist der Rock auch schwer geworden. Darum bin ich am Überlegen ein Taillenband einzunähen, um den Reißverschluss als auch das Oberteil zu entlasten. Unter einer Falte versteckt, ist in der Taille beim Rockansatz ein Häckchen und eine Schlinge genau aus diesem Grund angenäht – aber wahrscheinlich noch nicht genug für die Alltagstauglichkeit.

Beyer Mode KLeid

Da der Stoff nicht blickdicht ist, habe ich das Kleid komplett gefüttert. Das Futter war nur ein dünnes Taftfutter und darum ist das Kleid noch immer ganz leicht durchscheinend. (Die Innenverarbeitung an der einen oder anderen Stelle ist solala, aber um halb eins in der Früh ist dies nicht so verwunderlich.) Und ich befürchte, dass der Futterrock, ein halber Tellerock, etwas „zipfelt“.

Allerdings möchte ich, da so viel Weiß nicht so wirklich mein Fall ist, das Kleid färben. Es ist ja reine Baumwolle, hat keine sichtbaren Nähte und beim schwarzen Satin muss man sich keine Sorgen machen. Farblich könnte ich es mir gut in einem dunklem Waldgrün, Weinrot oder Honig/Senfgelb vorstellen. Was meint ihr? Und kennt ihr besonders empfehlenswerte Stofffarben, bei denen man ein schönes gleichmäßiges Ergebnis erzielt?

Verlinkt zum MeMadeMittwoch. Übrigens bin ich ab nächster Woche bis Weihnachten mit meinen Vintageschnitten am Donnerstag bei RUMS anzutreffen, da ich einige richtig tolle Stoffe vernähen durfte. Ich würde mich natürlich auch dann auf euren Besuch freuen.


Fazit: Mit einem kleinen Umweg ist ein auch nach Halloween tragbares Kleid geworden. Zum Glück hab ich auch das Kunstblut rückstandslos herausbekommen. Nur etwas Farbe könnte es ertragen und wie immer, wenn es besonders schnell gehen muss, gibt es in der Innenverarbeitung ein paar Abstriche

Schnitt: Beyer Mode 9/1960, Hütchen und Kragen Freistil, Gürtel vorhanden nach diesen Tutorial.

Änderungen: Das Oberteil seitlich enger, Armloch grösser und das Rückenteil ungeplant enger, Ärmel ca. 6 cm gekürzt

Material: weißer Baumwolle von Ikea, 4 m Satinband breit, 7 m Satinband schmal

Zeit: 12 Stunden

Beyer Mode Kleid


20 Gedanken zu “Das Pierrot Kleid

  1. Hübsch und multifunktional. Ich muss sagen, mir gefällt es in weiß mit den schwarzen Akzenten auch sehr gut. Ich würde es nicht umfärben aber wenn du es machst würde mich dann interessieren wie. Mit Simplicol in der Waschmaschine?

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    1. Ich finde es so wie es ist auch hübsch, nur so schneeweiß ist gar nicht mein Fall. Wenn ich mich an das färben wage, wird’s auf jeden Fall einen Bericht dazu geben wie es gelaufen ist.
      Lg Sabine

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  2. Was für ein zauberhaftes Kostüm.

    Ich finde zwar das weiße Kleid total schick, aber in Weinrot könnte ich es mir auch gut vorstellen. Ob jetzt aber Simplicol oder Dylon besser ist als Farbe, weiß ich auch nicht.

    LG
    Ulrike

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  3. Ach Sabine, was du in der kurzen zeit zauberst… ei.fach genial und sooo besonders. Ich liebe deine vintage kleider… und bin dadurch sehr inspiriert. Leider sind sie bei mir so garnicht alltagstauglich. Aber ich könnte sie auch einfach mal zu Hause anziehen und mich im Spiegel drehen, oder? Ich würde rot oder senf färben, hab aber keine Ahnung was besser geht… bitte noch mal zeigen nach dem färben, okay? Lg Sarah

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    1. Dankeschön Sarah,
      Da sie ja nicht so praktisch sind, trage ich sie auch nicht jeden Tag. (Skandal! Ich trage auch Jeans und T-Shirt 😉)
      Aber du könntest dir für schickere Anlässe ein Vintage Kleid nähen, auch wenn vorm Spiegel im schönen Kleid drehen auch Spaß macht. Und ich werde berichten wie das Abenteuer Kleid färben ausgeht.
      Lg Sabine

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  4. Wow! Sieht gut aus. Färben? Hm – Baumwolle geht gut, ich weiß nur nicht, wie das Satinband sich verhält…aber da es schwarz ist. Das Kleid hat auch was in weiß!

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    1. Ich hab mir eben auch gedacht da es ja schwarz und kunstfaser ist ja nichts passieren sollte. Falls ich es nachdem Färben bereuen sollte, weißen Baumwollstoff hab ich genug.
      Lg Sabine

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  5. Wie das Kunstblut aufs Kleid gekommen ist, hätte ich ja auch noch gern erfahren :D
    Ich mag die Comedia del arte Figuren sehr insofern bin ich hellhauf begeistert von deinem Kostüm.
    .ich färbe gerne mit dylon.
    Lg, Zuzsa

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    1. Das ist leicht erklärt mit dem Kunstblut. Die Gastgeber der Halloween sind sehr begeistert kreativ beim Dekorieren. So war das diesjährige Highlight der Leichensack mit blutigem Skelett, der von der Raummitte hing. Und des öfteren hat jemand dem ganzem einen Schubs verpasst, sodass das Blut schön spritze.
      Ich hab zwar versucht den direkten Kontakt mit dem Blut zu vermeiden, aber ein bisschen was ist dann doch auf dem Rock gelandet.
      Lg Sabine

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  6. Ach, das Kleid ist echt cool geworden. Grade die Umfunktionierung finde ich mega. Ich finde es in weiß sehr schön, finde eigentlich keinen Bedarf am färben, aber ansonsten würde ich dir einen Farbverlauf vorschlagen, dann hast du von beidem etwas. Ich habe einen Rock (aus einem alten Lacken) in so einem Farbverlauf gefärbt und finds echt schön. Waldgrün als eine meiner Lieblingsfarben ist eine gute Option ;)

    Viele grüße
    Marta

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    1. Dankeschön.
      Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass ich es so ein zweites mal tragen werde, ich schließlich einen Ruf zu verteidigen, stets ein neues ausgefallenes Kostüm zu tragen.

      Das mit dem Farbverlauf finde ich eine super Idee. Nur bin ich mir nicht sicher ob es zum Stil des Kleides passt. Aber gäbe es einen Trick, dass es wirklich ein schöner Verlauf wird und nicht nur Stufen?
      Lg Sabine

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      1. Ja das mit dem Trick ist so ne Sache :D Also bei meinem Rock ist grade der Übergang von weiß zur beere recht abrupt geworden. Das lag daran, dass ich das Gefühl hatte, das Teil zu kurz drin zu haben, damit es Farbe aufsaugt, aber genau dann ist es schon zu lang :D also den ersten Farbübergang vermutlich wirklich nur ganz kurz eintauchen. Mehr kann ich dazu nicht sagen ;)

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  7. Hast Du mit Baumwollfaden genäht? Wenn ja, steht dem Färben nichts entgegen. Normales Nähgarn ist allerdings meist Poly. Wenn keine sichtbaren Nähte dran sind kannst Du auf Risiko gehen und hoffen dass bei Simplicol oder Dylon nichts durchscheint. Es gibt aber auch Stoffarbe für Poly, nur weiß ich den Namen nichtmehr… google weiß es iDye Poly. Du kannst beides in einem Aufwasch machen.
    Ich würde es allerdings lassen und das Kleid für Karneval und Halloween weiter verwenden. Da kann man sicher noch mehr draus machen. Einen Überrock für eine Eiskönigin, eine weisse Frau,….
    LG
    Martina

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    1. Danke für deine umfangreichen Infos. Der Faden ist Polyester, aber ich hab nur eine einzige aussen sichtbar Naht, die aber durch den Kragen verdeckt wird und einfach bei Bedarf ersetzt werden kann.

      Die weiße Kostümpalette hab ich schon durch und für nächstes Jahr hab ich schon kontrastprogramm mit Rot gewählt.
      Lg Sabine

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  8. So tolle Fotos! Dein Kostüm ist sehr gut komponiert, nicht zu übertrieben aber mit schönen Details. Es sieht sehr wertig aus. Beim Färben mit Simplicol kamen die Farben jedes Mal sehr kräftig raus (Leinen und Viskose).
    Liebe Grüße, SaSa

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